Page - 34 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Volume 24
Image of the Page - 34 -
Text of the Page - 34 -
34
Er eikaunte die kirchliche Oberhoheit des Patriarchen von Conslantinopel an,
verband sich dadurch enge mit den romanischen Städten der dalmatinischen Küste, die aus
handelspolitischem Jnstinct zu Byzanz hielten, nnd suchte die zerfahrene kroatische Thron-
folge zu ordnen. Dieses Vorgehen beweist, daß Sedeslav ein weitblickender Staatsmann
war, vielleicht einer der begabtesten unter denen, die in jener Zeit Croatien beherrschten.
Seine byzanzsrenndliche Politik brachte ihm zunächst den Vortheil, daß der oströmische
Kaiser ihm den Tribut abtrat, den die Städte des dalmatinischen Küstenlandes bis dahin
an Byzanz zu zahlen gehabt; sie sollten fortan an den Kaiser nur eine kleine Steuer
bezahlen, als Zeichen der Anerkennnng seiner Souveränität. Wenn damit noch immer
eine staatsrechtliche Trennung von Croatien aufrecht erhalten blieb, so war sie nur noch
nominell, in Wirklichkeit aber war eine vollkommene Verschmelzung angebahnt. Ebenso war
eine Annäherung an die Serben vorbereitet, die zur östlichen Kirche hielten. Eine geordnete
Thronfolge hätte alleWirren gehindert, die fpäterdas kroatische Reich zerrütteten, schwächten
und dem Verderben entgegenführten. Sedeslav kam infolge seiner Beziehungen zu Byzanz
mit einem Theil der Geistlichkeit, und durch seine Bestrebungen die Thronfolge so zu
ordnen, daß fortan die Fürsten nur aus einer Familie zu wählen seien, mit den ehr-
geizigen Stammeshäuptern in Gegensatz.
Daß Rom die Anerkennung des Photius seitens der Croaten nicht ruhig hinnehmen
werde, war vorauszusehen. Es liegt uns ein einziger Brief Papst Johann VIII. an
Sedeslav vor, in dem er den Fürsten nm Gotteswillen bittet, einen für Bulgarien bestimmten
Legatenbei sich aufzunehmen und ihm freies Geleite, Wegzehrung und Kleidung zu gewähren.
Der Fürst scheint diesem Wnnsche nachgekommen zu sein. Da plötzlich brach eine Empörung
aus, und Sedeslav wurde getödtet.
Wenn man bedenkt, wie rücksichtslos, wie wenig sernpulös dieser Papst bei der
Verfolgung seiner politischen Ziele vorging, und sich erinnert, wie er in Neapel eine
Revolution gegen die sarazenische Partei unterstützte und den Bischof Athanasius in einem
Sendschreiben feierte, weil dieser bei der Gelegenheit seinen eigenen Bruder geblendet und
in den Tod geschickt hatte, so kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, daß die
Sendung eines Legaten zu Sedeslav mit der Empörung, der er zum Opfer fiel, im
Zusammenhang stand. Der Papst, übrigens einer der glänzendsten Politiker ans dem
Stuhle Petri, war eben ein Sohn seiner Zeit, und Sedeslav mußte wissen, wessen er sich
von ihm zu versehen hatte, als er offen auf die Seite des Photius getreten war.
Der Führer der Verschwörer, Branimir, der, nach Sedeslavs Beseitigung, Fürst
der Croaten wurde, lenkte sofort sehr entschieden in das römische Fahrwasser ein. Es war
ein folgenschwerer Thronwechsel, denn durch ihn wnrde die weitere Politik der Croaten
von der der anderen Slaven auf der Balkanhalbinsel, namentlich der Serben, nicht nur
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Volume 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Volume 24
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kroatien und Slawonien
- Volume
- 24
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.19 x 22.65 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch