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Bischen Volksschule hilft da gar nichts; viel wirksamer ist die gemeinsame achthundert-
jährige Zusammengehörigkeit und die Gemeinsamkeit der weichen Klangbildung in beiden
sonst so verschiedenen Sprachen. Der Ungar ist leidenschaftlich fleißig und leidenschaftlich
verschwenderisch, er ist wie der Croate kinderarm und kunstbegeistert, und zwar nicht, wie
der Jude, erst dann, wenn er reich wird, sondern von vornherein. Im Vergleich zu den
Deutschen haben es die Ungarn als slavonische Colonisten auf keinen grünen Zweig
gebracht, obwohl sie in vieler Hinsicht fortschrittlicher sind als die dortigen Croaten.
Das ungarische und das deutsche Haus sind in diesem Werke schon ausführlich
geschildert worden, wir beschränken uns also auf die eingehendere Schilderung des croatifchen
Hauses, das in Kroatien und Slavonien selbständigere Formen aufweist, als im Küsten-
lande und in Dalmatien, wo der italienische Geschmack vorherrscht.
D a s Haus. — Das eroatische Haus hat ein einfaches, vorne am Dachfirst
abgeschrägtes Dach, unter dem sich der Bodenraum bei den alten Häusern nach der
Gassenseite in eine Art Gallerie öffnete. Ein vorderes großes Zimmer, im Winter der
gemeinsame Schlafraum der ganzen Familie, nimmt den größten Theil des Hauses ein.
Dahinter ist die Küche, die meist auch den Eingang ins Hauptzimmer enthält; mitunter
freilich kommt auch ein Vorraum mit besonderem Eingang vor. Der Sturzboden der Küche
ist bis zur Dachlucke offen; der Rauch entweicht entweder durch diese oder durch
einen weiten, gedeckten, mit Holzschnitzerei verzierten Rauchfang, oder er muß sich einen
Weg durch den Dachraum und die Küchenthür suchen, ganz wie im Wohnhause des
homerischen Zeitalters. Hinter der Küche befindet sich noch eine kleine Stube.
Die Zimmer haben an der Stirnseite des Hauses zwei Fenster, an der Hofseite nur
eines. An der Nordseite des Hauses findet man fast nirgends ein Fenster. Vor dem Hause
ist in der Regel ein Gang unter einem Vordach, von wo man über eine ziemlich hohe
Thürschwelle die Küche oder das Zimmer betritt, dessen Fußboden meist mit Lehmschlag
versehen ist. In der Ecke rechts neben der Thüre steht ein viereckiger Kachelofen mit
kegelstntzförmigem Aufsatz; um ihn her legt sich eine bequeme Sitzbank bis in den Winkel
hinter dem Kachelofen (?apeeak). In einer Ecke der Stirnseite steht ein viereckiger Tisch
mit Bänken herum bis an die Wände; in der zweiten Ecke erheben sich ein oder zwei Web-
stühle nebst einem Spulrad und einer Garnhaspel; dann folgt eine große hölzerne Brod-
schüssel (naeve, Konto). Dieses Zimmer heißt auch Gesindezimmer (ckru^inska soba).
Einige Kleinigkeiten finden ihren Platz an und um den Quertram (Zl^emk, polovks,
siba) und zwar: die Krummesser (kos^eri), Köcher (voäir, todolae), Tangelzeug
(klepei), Wetzstein, Ahle, Zange, Scheere, Sichel, Feile, Hammer, Reibbock und Schlägel;
auch bemerkt man noch ein Körbchen mit verschiedenen Hausmitteln (Arzneien). Das
Alles ist auf dem Quertram aufbewahrt; dann kommt noch ein Holznagel (klin) und eine
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Volume 24
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kroatien und Slawonien
- Volume
- 24
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.19 x 22.65 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch