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Über die wirthschaftlichen und socialen Folgen dieser nicht überall durch wirklichen
Mangel an Erwerbsgelegenheit verursachten Erscheinung sind die Meinungen im Lande
getheilt, und nicht minder über die Frage, ob man die Bewegung, namentlich die überseeischen
Wanderungen, dulden oder mit allen verfügbaren Mitteln bekämpfen solle. Es wird wohl
allgemein zugegeben, daß durch sie dem Lande viele tüchtige Arbeitskräfte entzogen werden,
daß manche Ausgewanderte ihre Lage nicht verbessern, vielmehr infolge der ungewohnten
und unerwarteten schweren Arbeit wirthschaftlich und auch Physisch ganz verkommen, daß die
großen Reisekosten in vielen Fällen durch Verschleuderung oder übermäßige Verschuldung
des heimatlichen Besitzes aufgebracht werden, wodurch manche, die den erwünschten
Erfolg im Auslande nicht gefunden, auch die Möglichkeit einer Rückkehr verlieren,
daß sich ferner auch wirthschaftlich ganz kräftige Elemente durch die Aussicht auf großen
Gewinn zur Auswanderung verlocken lassen, und daß in manchen von arbeitsfähigen
Männern verlassenen Gegenden die ganze landwirthschaftliche Arbeit auf die weibliche
Bevölkerung übergewälzt wird. Anderseits jedoch kann nicht geleugnet werden, daß es
vielen Auswanderern infolge der hohen Arbeitslöhne bei ihrer Sparsamkeit und äußerst
mäßigen Lebensweise wirklich geluugen ist, eine wirthschaftliche Selbständigkeit zu erringen,
daß sich in einigen von der Bewegung erfaßten Gegenden der Wohlstand zu heben scheint,
und daß die Ausgewanderten durch den längeren Aufenthalt im Auslande an Bildung,
Geschicklichkeit, Thatkraft und Unternehmungslust nur gewinnen können. Und da es doch
sehr fraglich ist, ob es überhaupt gelingen würde, die Bewegung durch Gewaltmaßregeln
zu unterdrücken, so hat jene Ansicht die Oberhand gewonnen, daß man seitens der
Verwaltung in erster Reihe belehrend und unterweisend auf die Bevölkerung einzuwirken
habe, daß man die Bewegung uicht in noch weitere Gebiete eindringen lasse und in dieser
Beziehung auch mit voller Strenge gegen gewissenlose Auswanderungsagenten vor-
gehen müsse.
Unter den Wanderungen über die Grenzen des Landes hinaus sind noch die nach
Bosnien und der Herzegowina ihres Umfanges wegen ausdrücklich hervorzuheben. Sofort
nach der Occupatio», in den Jahren 1879 bis 1881, zogen Tausende von Bewohnern
der Eomitate Lika-Krbava und Modrus-Rieka nach dem benachbarten bosnischen Kreis
Bihac, wo sie Grundstücke zu sehr geringen Preisen erstanden und eine Reihe von Ackerbau-
colouieu gründeten. Das Gedeihen dieser Ansiedlnngen, sowie ihr reger Verkehr mit dem
Mutterlande hatte dann im Laufe der Jahre noch weitere Zuzüge zur Folge. Mit dem
raschen wirthschaftlichen Fortschritte der occupirteu Länder, dem Entstehen neuer, großer
Bergbau- und Jndnstrieunternehmnngen und der hiednrch zunehmenden Arbeitsgelegenheit
entwickelt sich nnn allmälig auch die Zuwanderung nach anderen Gegenden, so daß
schon die bosnisch-herzegowinische Volkszählung vom 22. April 1895 im Ganzen 33.754
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Volume 24
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kroatien und Slawonien
- Volume
- 24
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.19 x 22.65 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch