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den alten Zuständen weichen Von den vielen ehemaligen Klöstern Agrams hat sich nur
das Franciscanerkloster in der Capitelstadt erhalten; es steht von Anfang her immer an
derselben Stelle. Alle anderen Klöster sind aufgelassen. Im XIX. Jahrhundert wurde
in Agram nnr das Nonnenkloster des Ordens vom heiligen Vincenz von Paula (1845)
vollständig neu errichtet. Es unterhält in der Stadt viele Elementar- und höhere
Mädchenschulen mit einer Lehrerinnenbildungsanstalt, ferner ein großes Spital, ein
weibliches Correctioushaus, ein Armenhaus, ein Frauenpensionat, ein Waisenhaus und
viele ähnliche kleinere Institute, und zwar theils aus eigenen Mitteln, theils, indem es
solche Institute von der Regierung oder von frommen Stiftungen in Pacht erhalten hat.
In jüngster Zeit hat sich das Agramer Nonnenkloster vollkommen selbständig als
croatische Cougregation constitnirt, zählt im ganzen (1899) 652 Schwestern, 120 Novizen,
nnd 98 Candidatinnen, und unterhält in Croatien, Slavonien, Dalmatien, Bosnien,
Hercegovina, Kärnten, Ungarn, Bulgarien und der Türkei 72 Schulen, Spitäler und
ähnliche wohlthätige Anstalten.
Der Bezeichnung von Alt-Agram als „geistliche Stadt" entspricht besonders die
Capitelstadt mit Neudorf, deren vom Domcapitel gegründete Gemeinde ihrem Gründer
tribntär blieb, und die Walachische Gasse, die mit der Capitelstadt von jeher eine Gemeinde
bildete. An der Spitze der Capitelstadt stand freilich der Bischof mit den 32 Domherren.
Die Bischöfe wurden ursprünglich vom König allein, später manchmal vom Papst allein
ernannt, oder hie und da wohl auch vom Domcapitel erwählt; jetzt wird der Erzbischos
vom König nach vorheriger Verständigung mit dem Papste ernannt. Die Domherren
wurden anfangs von den Bischöfen, später von den Päpsten, dann von den Bischöfen
oder den Königen, jetzt aber werden sie vom König auf Vorschlag der Regierung, nach
vorheriger Verständigung mit dem Erzbischos ernannt. Von allem Anfang an war das
Agramer Bisthum reich dotirt. Vom Domcapitel läßt sich dies nicht behaupten. Die
Domherren lebten anfangs in einer gemeinsamen Curie wie Klosterbrüder; nach und nach
zerstreuten sie sich in verschiedene Privatwohnungen, bis ihnen Bischof Stephan II.
im Jahre 1227 Gründe am heutigen Capitelplatz mit mehreren Häusern anwies, wo dann
die Domherrencnrien entstanden sind. Aber auch da noch bezogen die Domherren aus
dem gemeinsamen Keller für jeden Tag eine Maß Wein. Einige Bischöfe unterstützten das
Domcapitel, indem sie ihm das Zehent einiger Gegenden und andere Einkünfte überließen,
was manchmal zu verwickelten Processen führte. Es fanden sich aber mit der Zeit auch
andere Wohlthäter, die das Agramer Domcapitel mit Geschenken überhäuften, bis es zum
heutigen Reichthum gedieh.
Das Domcapitel erfreute sich eines großen Ansehens und genoß als beglaubigter Ort
(locus ereäidilis) von seiner Gründung bis zum Jahre 1850 unbedingte Glaubwürdigkeit,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Volume 24
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Kroatien und Slawonien
- Volume
- 24
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1902
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.19 x 22.65 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch