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man den konservativen Gesinnungen hier? Warum ist man
so froh, daß hier alles in dasselbe absolutistische Horn
bläst?
Weil Österreich nach dem Osten gedrängt werden soll.
Es soll bei den Deutschen abwirtschaften, sich in einem
großen Teil von Zisleithanien in der jetzigen Form als
nicht lebensfähig erweisen und dann von Berlin aus
sachte nach dem Orient hinüber geschoben werden.
Deshalb war man mit mir in Berlin immer so zärtlich,
man wollte mich ganz für sich gewinnen. Ich habe
aber eine gute Nase! Die Geschichte kommt mir schon
seit einiger Zeit faul vor. Daher, glaube ich, würden
Sie gut daran tun, diese Notiz durchaus nicht zu be-
rücksichtigen und auch, was meine Reise nach dem
Orient betrifft, sich sehr reserviert zu benehmen! Vielleicht
erlange ich bald die Überzeugung davon, daß es gut wäre,
über die Reise Lärm zu schlagen, dann würde ich es Ihnen
gleich mitteilen, doch so, wie dieDinge heute stehen, glaube
ich, wäre es besser, sich sehr still zu verhalten; nebstdem
können Sie die Notiz des Lang ohnehin nicht publizieren;
die wesentlichsten Stellen sind für das große Publikum
undenkbar und könnten sogar sehr schädlich wirken.
Mit den herzlichsten Grüßen
Ihr
Rudolf
Wien, 22. Februar 1884
LieberSzeps!
Beiliegend sende ich Ihnen mit vielem Dank die hoch-
interessanten Beilagen zurück. Um eine Abschrift der
Beilage 6 aus Rußland muß ich Sie dringend bitten; mir
erscheint dieses Stück von größter Bedeutung zu sein;
und leicht könnte man dasselbe in der Zukunft brauchen.
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Kronprinz Rudolf
Politische Briefe an einen Freund 1882-1889
- Title
- Kronprinz Rudolf
- Subtitle
- Politische Briefe an einen Freund 1882-1889
- Author
- Julius Szeps
- Publisher
- Rikola Verlag
- Location
- Wien - München - Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.6 x 19.54 cm
- Pages
- 246
- Keywords
- Habsburger, Österreich-Ungarn, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918