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spannt man die Kräfte zu straff an. Das muß mit der Zeit
ein Erschlaffen herbeiführen. Von früh bis abends hat man
keine Zeit zum Ausschnaufen. Ich hatte mit Erzherzog
Albrecht vor zwei Tagen ganz von selbst ohne bestimmte
Ursache ein politisches Gespräch. Er entrollte mir die
Ansichten und Absichten der Leute vom „Vaterland", der
Neu-Konservativen. Es standen mir in der Tat die Haare
zu Berge, aus solchem Munde die unglaublichsten Theorien
zu vernehmen. Da es einen großen Einblick gestattet in
die Gedankenwerkstätte dieser Herren, werde ich Ihnen
einmal mündlich das Ganze mitteilen,
Verzeihen Sie schlechte Schrift und schleuderische
Schreibweise, doch ich ringe schwer einige freie Momente
dem wahren Dienste und allerlei Soldatenspielerei ab, die
man hier betreiben muß; nebstdem schmerzt mich mein
Arm, den ich gestern so stark an einen Pfosten anschlug.
Auch die rechte Hüfte und Partien eines Körperteiles,
auf dem Europäer zu sitzen pflegen, sind nicht nur pavian-
artig blau, sondern stellenweise schwarz; damit habe ich
das Vergnügen, morgen mehr als einen halben Tag am
Pferd zu sitzen.
Nochmals herzlichsten Dank und beste Grüße von
Ihrem
Rudolf
Laxenburg, 23. September 1884
Lieber Szeps!
Leider kann ich Sie vor meiner Abreise von Wien nicht
mehr sehen, da, wie mir Nehammer mitteilt, Sie sich in
Deutschland aufhalten.
Ich hätte gar manches Ihnen mitzuteilen gehabt, auch
bezüglich Warschau, Dinge, die ich in das Ausland nicht
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Kronprinz Rudolf
Politische Briefe an einen Freund 1882-1889
- Title
- Kronprinz Rudolf
- Subtitle
- Politische Briefe an einen Freund 1882-1889
- Author
- Julius Szeps
- Publisher
- Rikola Verlag
- Location
- Wien - München - Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.6 x 19.54 cm
- Pages
- 246
- Keywords
- Habsburger, Österreich-Ungarn, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918