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60 Die heiligen drei
Frage vorlegen: „Wo Christus sollte geboren werden?" Der
Rath gab zur Antwort: „Zu Bethlehem im Lande Iuda." Denn
es steht bei dem Propheten Michäas (5. Kap. 2. V.) geschrieben:
„Du Bethlehem im Lande Iuda, bist keineswegs die geringste von
Judas fürstlichen Städten, denn aus dir wird der Führer hervorge-
hen, der mein Volk regieren soll."
Herodes konnte dieser Antwort trauen, und er hatte nun eine
Spur, das Kind ausfindig zu machen. Er glaubte noch etwas Be-
stimmteres schließen zu können, wenn er in Erfahrung brachte, um
welche Zeit den Weisen der Stern erschienen sey. Aus der Zeit der
Erscheinung des Sterns wollte er die Geburt des Kindes, und also
errathen, wie alt dasselbe etwa schon seyn könnte. Er ließ die Wei-
sen zu sich kommen, heimlich, damit er nicht durch sein genaues
Nachforschen Verdacht errege, und Anlaß gäbe, das Kind irgendwo
in Sicherheit zu bringen. Als er von den Weisen die Zeit der Er-
scheinung des Sterns erforscht hatte, so wies er sie nach Bethlehem,
und sagte: „Forschet dort fleißig nach dem Knaben, und wenn ihr
ihn gefunden habet, so zeiget es mir an, damit auch ich komme,
und ihn anbcthe."
Diese arglistige und schändliche Verstellung des Herodes erfüllt
mit Recht unser ganzes Herz mit dem größten Abscheu;— wie viel
mehr müßten wir aber uns selbst verabscheuen, wenn wir uns auf
was immer für eine Weise Verstellung, Falschheit und Heuchelei zu
Schulden kommen ließen'?!
Die Weisen begaben sich auf den Weg nach Bethlehem, und
zwar schon am frühesten Morgen, um der im Morgcnlandc äußerst
beschwerlichen Tageshitze auszuweichen. Bis jetzt hatten sie kein an-
deres Merkmal, daß sie das Kind in Bethlehem antreffen würden,
als die Anzeige des Königs. Es mußten wohl allerlei finstere Zwei-
fel in ihnen aufsteigen, weil man in der Hauptstadt von einem neu-
gcborncn Könige so gar nichts wußte, und sich jetzt noch so wenig
um die Sache bekümmerte, daß weder der König, noch die Priester,
noch Jemand aus dem Volke auch nur einen Schritt that, densel-
ben aufzusuchen. Wie erfreut mußten daher die guten Männer seyn,
als sie auf einmal das freundliche Himmclszeichen, den Stern, den
sie in der Hcimath schon gesehen hatten, jetzt wieder ober ihnen da-
stehen sahen. Der Stern ging bis nach Bethlehem vor ihnen her
und blieb ober dem Hause, in welchem Joseph und Maria mit dem
Kinde wohnten, stille stehen, um ihnen anzudeuten: Hier ist er, den
ihr suchet.
Mit unbeschreiblicher Freude traten sie in das Haus hinein, fie-
len auf ihr Angesicht und betheten den an, in welchem sie ungeach-
tet der so dürftigen äußerlichen Umstände, die sich ihren Augen dar-
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 1
- Title
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Subtitle
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Volume
- 1
- Author
- Anton Mätzler
- Publisher
- Landshut Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 1840
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.8 x 16.9 cm
- Pages
- 900
- Keywords
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen