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Am 30. November. 83
inständig, daß es ihn der Marterkrone nicht berauben solle. Als er
den Ort der Kreuzigung und das Kreuz erblickte, rief er laut aus:
„Sey gegrüßt Kreuz, das du durch den Leib Christi gcheiliget, und
durch seine Glieder, gleichwie mit den köstlichsten Edelgesteinen, ge-
zieret worden bist! Bevor mein Herr an dir gehangen ist, konntest
du nur irdische Schrecken verursachen; jetzt aber stößest du himmli-
sche Liebe ein, und wirst mit Freude umfangen. Die Gläubigen
wissen es, wie große Freuden, und wie viele Gnaden du verschaffest.
Ruhig und freudig umfasse ich dich; nimm auch du mich mit Freude
auf, als einen Schüler meines Meisters, der an dir gestorben ist.
O beglücktes Kreuz! das du den größten Glanz von den Gliedern
Christi empfangen hast, das ich so oft begehrt, um das ich Nächte
lang geseufzet habe. Nimm mich weg von den Menschen, und bringe
mich zu meinem Meister, damit der von dir mich empfange, der an
dir mich erlöset hat!" Jetzt zog der heilige Andreas selbst seine Klei-
der aus, gab sie den Henkersknechten, und diese hefteten ihn nun an
das Kreuz, auf die Weise, wie es der Landpflegcr befohlen hatte.
Eine unzählige Menge Menschen versammelte sich um das Kreuz;
unter denselben befand sich auch Stratokles, der Bruder des Aegcas.
Alle riefen: „Diese Todesstrafe ist ungerecht!" Der heilige Andreas
aber ermähnte sie zur willigen Duldung der irdischen Leiden mit der
Erinnerung, daß dieselben mit der Vergeltung der ewigen Zukunft
gar nicht verglichen werden können.
Inzwischen waren mehrere aus dem Wolke zum Landpfleger ge-
gangen, und forderten von demselben, daß er den Unschuldigen vom
Kreuze abnehmen und freilassen solle. Der Landpsteger, erschreckt
durch die Drohungen des Volkes, ging wirklich zum Orte der Kreu-
zigung hinaus, um den heiligen Andreas von seiner Marter zu be-
freien; allein, als dieser ihn herzukommen sah, rief er ihm vom
Kreuze entgegen: „Was führt dich Hieher? Acgcas! Wenn du in
dich gehen, und zu Christus dich bekehren willst, so wirst du Ver-
gebung und Gnade erhalten; wenn du aber nur gekommen bist, mich
vom Kreuze loszumachen, so wisse, daß ich lebendig nicht von dem-
selben weggenommen werden will; denn ich sehe meinen König, ich
stehe schon nahe vor seinem Angesichte! Ich bedaure nur innigst dein
Elend, weil dir der ewige Untergang bevorsteht. Unglücklicher! ent-
reiße dich dem Rachen des Untergangs, da es noch möglich ist, da-
mit du nicht nach Errettung seufzen müssest, wenn keine mehr zu
finden ist!" Dieser Rede ungeachtet wollten die Henkersknechte nun
doch den Heiligen vom Kreuze herunter nehmen; allein keiner konnte
denselben mit seinen Händen erreichen, indem durch eine höhere, gött-
liche Macht ihre Arme starr gemacht wurden, so oft sie dieselben zur
Auflösung der Bande ausstrecken wollten.
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Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 1
- Title
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Subtitle
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Volume
- 1
- Author
- Anton Mätzler
- Publisher
- Landshut Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 1840
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.8 x 16.9 cm
- Pages
- 900
- Keywords
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen