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8 Der heilige Benedict, Ordensstifter und Abt.
Ein angesehener und gottseliger Mann, Thcoprobus, traf eines
Tages den heiligen Bcncdict in seiner Zelle an, als er eben sehr
heftig weinte. Jener stand eine Weile da, ohne ein Wort zu
sprechen, und da der Heilige zu weinen nicht aufhörte, überzeugte
er sich, daß es nicht Thränen der heiligen Freude, wie sie Bencdict
sonst öfters in den Stunden des Gebethes und der geistlichen Be-
trachtung zu vergießen pflegte, sondern der Ausbruch des tiefsten
Schmerzes seyen. Er fragte um die Ursache, und Bcnedict antwor-
tete: „Dieses ganze Kloster, das ich erbaut, und Alles, was ich hier
für meine Brüder hergestellt habe, wird nach Gottes unerforschlichem
Rathschlusse von den Ungläubigen zerstört werden. Das Einzige
habe ich erbeten, daß das Leben der Brüder verschont bleibe."
Vierzig Jahre später, im Jahre 580, wurden die Klostergcbäude
von den Longobardcn zur Nachtzeit überfallen, und sämmtlich zerstört.
Dem Gebethe des Glaubens wurden auch Todtencrweckungcn
gewährt. Ein Bauer aus der Gegend des Berges Cassino brachte
in tiefster Trauer die Leiche seines so eben verstorbenen Sohnes vor
das Kloster, und verlangte, zu dem heiligen Benedict zu kommen.
Als man ihm aber sagte, derselbe sey draußen auf dem Felde, ließ
er die Leiche vor der Thüre des Klosters liegen, eilte auf das Feld,
und rief von Ferne schon dem Heiligen zu: „Gieb mir meinen
Sohn zurück!" Benedict fragte: „Habe ich deinen Sohn dir ge-
nommen?" „Er ist gestorben," antwortete der Bauer, „komm und
erwecke ihn zum Leben!" Der Heilige seufzte und sprach: „Lasset
mich! Nicht mir, sondern den Aposteln kommt so etwas zu!" Als
aber der Bauer nicht aufhörte zu flehen, und endlich mit einem
Schwur betheuerte, daß er nicht eher weggehen werde, bis er seinen
Sohn lebendig gemacht haben würde, begab sich Bcncdict mit ihm
zur Leiche, warf sich mit seinen Brüb rn neben derselben auf die
Kniee und bethete; legte sich dann über dem Todten hin, stand auf,
erhob die Augen und die Hände gen Himmel, und rief: „Herr!
Sieh nicht auf meine Sünden, sondern auf den Glauben dieses
Menschen, und gieb diesem Leibe den Geist zurück, den du genom-
men hast." Auf der Stelle trat der Todte in's Leben zurück.
Noch während seines Aufenthaltes zu Sublacum entwarf der heilige
Bcnedict für die von ihm gestifteten Klöster eine Regel, welche er
zu Monte Cassino vollendete, und die ihrer Vortrefflichkeit wegen
von allen Klöstern des Abendlandes als Richtschnur angenommen
wurde. Aus dieser Ursache wird Benedict der Patriarch der abend-
ländischen Mönche genannt.
Der Heilige errichtete, außer den Klöstern zu Sublacum und
auf dem Berge Cassino, noch mehrere andere; solchen, die schon
bestanden, gab er eine bessere Einrichtung nach der von ihm ver-
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 2
- Title
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Subtitle
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Volume
- 2
- Author
- Anton Mätzler
- Publisher
- Landshut Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 1840
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.8 x 16.9 cm
- Pages
- 982
- Keywords
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen