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Am 13. Mai. 31
rcitwilligcn Gehorsam und die lautere Gottesfurcht ihres Mitbrudcrs,
sie konnten den höhern Geist der Gottseligkeit, der ihn belebte, län-
qer nicht verkennen. Der heilige Sabas überließ ihm eine eigene
Zelle, in welcher er nach eigener Willkühr den andächtigen Uebungen
obliegen konnte, dabei aber fast beständiges Stillschweigen beobachten
mußte. Er enthielt sich von aller Speise fünf Tage in der Woche,
in welchen er auch Niemanden unter die Augcn trat. Am Sams-
tage und Sonntage kam er zu den andern Mönchen in die Kirche.
Da war er der Erste und der Letzte, jedesmal zugegen mit würdevol-
lem Anstande, in das Gebeth und in die Betrachtung tief versenkt,
durch dcn Psalmgesang ganz hingerissen vom tiefsten Gefühle der
Andacht, und bei der Feier des hochheiligen Opfers so zerknirscht,
daß immer häufige Thränen seinen Augen entflossen. Nachdem er
drei Jahre seine Uebungen auf solche Weise fortgesetzt hatte, wurde
er zum Oekonomcn des Klosters bestellt. Unter seiner wachsamen
Sorge zeigte sich in allem Gottes reichlicher Segen.
Dem Abte Sabas waren die frühern Verhältnisse des Johan-
nes immer noch ganz unbekannt. Er freute sich der ausgezeichneten
Vollkommenheit seines Jüngers, und hielt ihn vor andern würdig,
zum Priester geweiht zu werden. Er stellte ihn deßwegen, sieben
Jahre nach dessen Eintritt in die Laura, dem Patriarchen Elias zu
Jerusalem vor, der sich's zum Vergnügen rechnete ihn zu weihen,
und, ungeachtet Johannes sehr ernstlich widerstrebte, ihn in die
Kirche des Kaluarienberges führte. Als sie allda angekommen wa-
ren, sagte Johannes zu dem Patriarchen: „Mein Vater, ich habe
dir ein Geheimniß zu entdecken; findest du mich, wenn du dieses er-
fahren hast, für die zu empfangende Weihe tauglich, so werde ich
länger nicht widerstreben." Elias führte ihn einige Schritte auf
die Seite, damit sie von den Umstehenden nicht gehört werden könn-
ten. Johannes bat sich zuerst unverbrüchliches Stillschweigen aus-
und sprach dann: „Mein Vater, ich habe die bischöfliche Weihe em,
pfangen; aber das Bewußtseyn meiner Unwürdigkeit bewog mich-
meine Kirche zu verlassen. Ich habe meinen Aufenthalt in der Ein,
samkeit festgesetzt, wo ich die Ankunft des Herrn erwarten will."
Der Patriarch erstaunte, rief den Sabas herzu, und sprach zu ihm:
„Johannes hat mir ein Geheimniß anvertraut. Er darf nicht ge-
weiht werden. Man lasse ihn in Ruhe, und Niemand falle ihm
deßhalb beschwerlich/- Sabas kehrte zu seinem Kloster zurück, tief
bekümmert darüber, daß Johannes, auf den er so großes Vertrauen
gesetzt hatte, der Priesterweihe unwürdig seyn solle. Er begab sich
des Abends in eine Höhle, außer dem Kloster, brachte die Nacht
unter häufigen Thränen im Gebethe zu; da ward ihm das Geheim-
niß durch eine göttliche Offenbarung bekannt. Freudig kehrte er zum
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 2
- Title
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Subtitle
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Volume
- 2
- Author
- Anton Mätzler
- Publisher
- Landshut Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 1840
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.8 x 16.9 cm
- Pages
- 982
- Keywords
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen