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56 Der heilige Servulus, ein Bettler.
ein kranker König. Wenn ich mit meinen Gliedern arbeite, so kann
ich mich ernähren und kleiden, und mehr, als Nahrung und
Kleidung hat doch Niemand. — Wenn ich meinen Kindern nicht
viel, oder gar kein Geld geben kann; so kann ich sie doch gut er-
ziehen, und sie von Jugend auf zur Arbeit gewöhnen; alsdann wer-
den sie in der Folge, mit ihrer eigenen Mitwirkung, sich auch durch
die Welt bringen, ihr Brod und ihre Kleidung finden, und sich ih:
res Lebens freuen. — Mir schmeckt meine rohe Kost eben so gut,
vielleicht noch besser, als den Reichen ihre schmackhaftesten Speisen.
Es kann auf Erden nicht Alles gleich seyn. Wenn Gott, oder
die Menschen heute noch eine Gleichheit einführten, so würde man
Morgen die Ungleichheit schon wieder sehen. Es muß Arme und
Reiche geben. Wenn sich nur ein Jeder in seinen Stand recht zu
fügen weiß, und seine Pflichten darin redlich erfüllt. — Jesus war
so arm, daß er einmal öffentlich sagte: „Die Füchse haben ihre
Höhlen, und die Vögel unter dem Himmel ihre Nester; des Men-
schen-Sohn hat aber nicht, wo er sein Haupt hinlege." Und doch
war er so geduldig, daß er diejenigen noch tröstete, die weniger Ur:
sache hatten, als er, mißvergnügt zu seyn. Ich bin ein Christ,
und folge seinem Beispiele. Wenn ich nur zu leben habe, und das
habe ich, so lange ich gesund bin, und arbeiten kann. In Krank-
heiten werden mich barmherzige Menschen unterstützen. Mit dem
redlichen Armen hat man gewiß Erbarmen, und Gott wird ihn nicht
ohne Hilfe lassen. >— Die Reichen sterben, wie die Armen, bei ih-
rem Tode müssen sie Alles zurücklassen. Auf dem Gottesacker liegen
Arme und Reiche neben und unter einander. Alsdann hat Einer
an zeitlichen Gütern soviel, als der Andere. Beide haben nichts,
und beim Ausgraben ihrer Todtcngebeine sieht man es keinem an,
ob er im Leben arm, oder reich gewesen sey, und Gott wird die in
die Ewigkeit kommende Seele nicht fragen, ob sie den Leib eines
Reichen oder eines Armen bewohnt habe, sondern was für Tugenden
sie aufweisen könne?" u. s. w.
Hat sich aber ein Christ seine Armuth durch Unmässigkcit,
durch Verschwendung, und durch Müssiggang selbst zugezogen,' so
muß ihn dieß noch mehr kränken, als wenn er ohne sein Verschul-
den arm wäre. Denn der Trost eines guten Gewissens mangelt
ihm, und diesen Trost kann ihm auch Niemand geben. Hat er
durch diese Laster nicht nur sich, sondern etwa sein Weib und seine Kin-
der arm gemacht, so ist die Sünde um so schrecklicher, und er hat
Ursache, sich die bittersten Vorwürfe zu machen. Er fühlt unbe-
schreibliche Reue über seine begangenen Ausschweifungen. Diese
Reue beweiset er durch Geduld und willige Ertragung seiner ver-
dienten Armuth. Man hört ihn nie klagen über seine wirkliche
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 2
- Title
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Subtitle
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Volume
- 2
- Author
- Anton Mätzler
- Publisher
- Landshut Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 1840
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.8 x 16.9 cm
- Pages
- 982
- Keywords
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen