Page - (000100) - in Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres - Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 2
Image of the Page - (000100) -
Text of the Page - (000100) -
36 Der heilige Anastasius, Märtyrer.
chcn Bekenncr mit schweren Ketten am Halse und an einem Fuße
beladen, an einen andern Gefangenen anschließen. So gefesselt,
mußten beide große Steine auf einen Werkplatz tragen. Einige Per-
ser machten dem Anastasius die bittersten Vorwürfe, nannten ihn
die Schande ihres Volkes, und schtcn mit großem Ungestüm ihm
zu, daß er den Glauben der Christen verlassen sollte. Als sie ihr
Bemühen fruchtlos sahen, mißhandelten sie ihn auf eine eben so
muthwillige als grausame Weise. Er aber erduldete alles mit Freude
um des Herrn willen.
Marzabanus ließ zum Zwcitcnmale ihn sich vorstellen und sprach
zu ihm: „Warum willst du länger auf deinem Eigensinne bcstch>,'n?
Kehre zu deiner ersten Religion zurück, und ich werde bei dem Kö-
nige Chosroes dein Fürsprecher seyn." Anastasius erwiederte: „Du
wirst wohl schon an den König geschrieben und seine Befehle em-
pfangen haben? Thue, was dir beliebt!" „Nein," versetzte der
Anführer, „ich habe nicht geschrieben, aber schreiben werde ich, und
dann thun, was der König mir befehlen wird." Der Bekcnner
sprach: „Geh', schreibe von mir so viel Böses, als du willst! Ich
bin ein Cinist." Marzabanus befahl nun, daß man den Bckcnncc
auf den Boden werfe, und so lang schlage, bis er seine Gesinnung
andern werde. Die Schergen säumten nicht, diesen Befehl zu voll-
ziehen, und als sie deßhalb den Bekenncr binden wollten, sprach er:
„Lasset das, es ist nicht nöthig, daß ihr mich bindet." Er bezeich-
nete sodann seine Stirne mit dem heiligen Kreuze, und setzte sich
auf die Erde. Sie banden und schlugen ihn. Er bat, daß das
Mönchskleid ihm ausgezogen werde, auf daß es nicht durch diese
Mißhandlung entehret würde, und sagte: „Auf mein Fleisch mögt
ihr schlagen, wie es euch beliebt; denn ich achte das, was ihr thut,
für Kinderspiel. Wenn ihr meinen Leib stückweise zerhacken würdet,
würde ich doch nicht verläugnen meinen Herrn Jesum Christum."
Nachdem er viele und gewaltige Schläge empfangen hatte, redete
Marzabanus ihm wieder zu, daß er ihm gehorchen solle, und ver-
hieß ihm neuerdings, beim Könige für ihn zu sprechen. Darauf
antwortete Anastasius: „Schreibe dem Könige, was du willst."
„Fürchtest du also den König nicht?" fragte Marzabanus. Anasta-
sius erwiederte: „Warum soll ich ihn fürchten? Ist er nicht ein
vergänglicher Mensch, wie du? Wird er nicht, wie du, verwesen?
Wie magst du sagen, daß ich einen Menschen fürchten soll, der, wie
du, in Staub zerfallen wird. Muß ich nicht vielmehr fürchten den
Herrn Jesum Christum, der den Himmel und die Erde, das
Meer und Alles, was in ihnen ist, gemacht hat, und der unver-
gänglich ist?"
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 2
- Title
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Subtitle
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Volume
- 2
- Author
- Anton Mätzler
- Publisher
- Landshut Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 1840
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.8 x 16.9 cm
- Pages
- 982
- Keywords
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen