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Am 16. April. 107
„Wenn der Mensch," sprach er weiter, »am Tage des Gerich-
tes vor Gott sich selbst zu verantworten kaum im Stande seyn wird,
wie schwer muß ihm die Rechenschaft werden für so viele Tausende,
die seiner Regierung anvertraut sind. Aus dieser Ursache mag wohl
der Obere mehr zittern, als der Untergebene, weil dieser nur sich
selbst bei Gott verantworten, jener aber auch für die Rechenschaft
ablegen muß, die seiner Herrschaft untergeben sind."
Dagobert hatte Wohlgefallen an der Freimüthigkeit des Prie-
sters, nahm dessen Erinnerung gut auf, und lud ihn zur königlichen
Tafel ein. Richarius nahm die Einladung an, und benutzte, nach
dem Vorbilde des göttlichen Meisters, auch diesen Anlaß, dem
Könige sowohl, als den anwesenden Großen des Reiches Worte
des Heils an's Herz zu sprechen. Der König gewann den Prie-
ster Gottes sehr lieb, weßwcgen er ihm große Verehrung be-
wies, und ihn mit einer ansehnlichen Schenkung erfreute zur Be-
strcitung der Bcleuchtungskostcn in der Kirche, welche Richarius
zu Centula erbaut hatte. Dem demüthigen Diener Gottes wurden
die vielfältigen Ehrenbezeugungen beschwerlich, er übergab deßhalb
die Verwaltung der Kirche zu Centula dem Ocialdus, einem sehr
gottcsfürchtigcn Manne, und verfügte sich in die Einsamkeit, um da,
abgesondert von der Welt, seine letzten Lebenstage einzig den Uebun-
gen der Gottseligkeit, dem Gebethe, und der heiligen Betrachtung
zu widmen. Gislemar, dessen oben erwähnt wurde, und Mauron-
tus, ein vornehmer Mann, der die Aufsicht über die königlichen Wäl-
der hätte, wiesen ihm einen Aufenthaltsort an in einem Walde, wel-
cher von Ccntula zehntausend Schritte entfernt lag. Bald darauf
verließ auch Maurontus die Welt, zog sich in die nämliche Einsam-
keit zurück, und erbaute ein Kloster, welches lange nachher noch
unter dem Namen Forest Montien bekannt, und von Bcnedictinern
bewohnt war.
Der heilige Richarius bewohnte in der Einsamkeit eine kleine
und schlechte Hütte, und war so strenge in körperlicher Abtödtung,
daß sein Gebein nur noch mit der Haut bedeckt, und daß er seinen
zitternden Körper nur mit Hilfe eines Stockes mühselig fortzuschlep-
pen vermögend war. Sein Geist ward aber mit jedem Tage kräf-
tiger, und schien die Erde schon ganz verlassen zu haben, indem er
fortwährend in den seligsten Umgang mit Gott versenkt war. Als
er das nahe Ende seines Lebens fühlte, sprach er zu seinem Gefähr-
ten Sigobardus: „Ich bemerke, mein Sohn! daß mein Ende nicht
mehr ferne ist, daß ich meinen ewigen König, nach dem ich lange
schon mich gesehnt habe, bald sehen werde. Ö, daß er mir, seinem
Knechte, so gnädig seyn möchte, als er seinen Heiligen begehrungs-
würdig ist! Bereite, mein Sohn! für meinen Leib einen Sarg, in
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 2
- Title
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Subtitle
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Volume
- 2
- Author
- Anton Mätzler
- Publisher
- Landshut Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 1840
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.8 x 16.9 cm
- Pages
- 982
- Keywords
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen