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194 Der heilige Stephanus, Abt und Märtyrer.
losen Umgang mit Stcphanus hier öffentlich bekennest." Sie schwieg
nach dem Vorbilde ihres Erlösers. Auf Befehl des Kaisers wurde
sie von starken Männern ergriffen, in die Höhe gehoben, und von
zwei Schergen unmenschlich geschlagen. Während der Qual be:
theuerte sie ihre Unschuld, und rief zum Herrn um Erbavmung.
Als sie endlich keinen Laut mehr von sich gab, hieß der Kaiser sie,
weil er sie todt glaubte, in ein Kloster der Stadt bringen. Ob sie
wirklich todt war, oder was ferner mit ihr geschehen sey, erzählt
die Geschichte nicht.
Die Ungerechtigkeit im Verfahren gegen die Anna war zu auf-
fallend, als daß man auf diesen Grund gegen Stephanus hätte ver-
fahren können. Der Tyrann schmeichelte sich, durch eine andere List
denselben in die Schlinge zu ziehen. Er überredete einen jungen
Höfling, mit Namen Georgius, sich zu dem Abte zu verfügen, bei
ihm große Achtung für den Klostcrstand zu heucheln, und um Auf-
nahme in das Kloster des heiligen Auxentius ihn zu bitten. Reine
Seelen sind ferne von Mißtrauen, deßhalb ließ Stephanus sich bere-
den , dem Georgius das Klostcrkleid und die Haarschur zu geben.
Mittlerweile veranlaßte der Kaiser eine zahlreiche Versammlung des
Volkes, und entblödete sich nicht, vor demselben laute Klage zu füh-
ren gegen die Mönche, daß sie seine getreuen Diener durch arglistige
Ueberredung zur Untreue verleiteten, und auf diese Weise den Geor-
gius, der allein bekannt war, an sich gezogen haben. „Setzen wir
indessen," sprach am Ende der gekrönte Heuchler, „die Hoffnung auf
den Herrn. Er wird bald, um was wir bitten, gewähren" (die
Rückkehr des Georgius). Nach zwei Tagen lief der Betrüger Geor-
gius aus dem Kloster weg, und wurde von dem Kaiser mit offenen
Armen empfangen. Auf den nächsten Tag ward wieder eine zahl-
reiche Volksversammlung veranlaßt. Als der Kaiser in derselben er-
schien , rief er auf: „Gott hat mein Gebeth erhört. Er hat mir
den Mann, den ich suchte, zurückgegeben." Jetzt ward Georgius
im Mönchskleide dem Volke vorgestellt, und ihm auf Befehl des
Kaisers Stück für Stück sein Gewand ausgezogen, jedes Stück un-
ter muthwilligem Gespötte von Hand zu Hand herumgeboten, und
endlich mit Füßen getreten. Zuletzt legte man den Georgius nackt
auf den Boden hin, goß ein Geschirr voll Wasser über seinen Leib,
von dem mönchischen Unrath ihn zu reinigen, und zog ihm ein Soll
datenkleid an.
Nachdem dieses bübische Pofsenspiel gecndiget war, schickte der
Kaiser Kriegslcute zum Kloster des heiligen Aurentius, welche die
Mönche verjagten, das Kloster mit seiner Kirche in Brand steckten,
dann zur Höhle des Stcphanus gingen, den Diener Gottes heraus-
rissen, ihn schlugen, ihm in's Angesicht spieen, ihn über Dorngesträ'uche
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 2
- Title
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Subtitle
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Volume
- 2
- Author
- Anton Mätzler
- Publisher
- Landshut Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 1840
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.8 x 16.9 cm
- Pages
- 982
- Keywords
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen