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Von den in der katholischen Kirche eingeführten Bittgängen. 115
Eine Gattung der Bittgänge sind die Wallfahrten. Ich begnüge
mich, über diese ein paar Zeugnisse des Alterthums und eines aus
jüngern Zeiten anzuführen. In seiner Schrift über die, welche
nach Jerusalem reisen, sagt der heil. Gregor von Nyssa: „Man
„muß vor Allem darauf sehen, ob das Reisen nach Jerusalem
„geboten ist. Verlanget dieses ein Gebot von uns, so müssen
„wir es als einen Befehl des Herrn vollziehen. Wenn sich aber
„unter den Geboten des Herrn keine solche Aufforderung befindet,
„so weiß ich nicht, warum man etwas nicht Gebotenes thun will.
„Man schreibt sich selbst das Gesetz des Rechtschaffenen vor.
„Nun hat der Herr, als er die Beglückten zur Erdschaft des
„ himmlischen Reiches rief, das Reisen nach Jerusalem nicht unter
„die guten Handlungen gerechnet, und als er bestimmte, welche
„selig sind, diese Reisenden nicht darunter begriffen. Warum soll
„sich also ein verständiger Mann zu einer Sache entschließe«, die
„weder selig, noch zum Reiche geschickt machet?" Gregor stellet
dann die Gefahren, welche auf diesen Reisen den guten Sitten
drohen, vor. Darauf fragt er: „Was für einen Vorzug wird
„derjenige erlangen, welcher diese Orte besuchet hat? Hält sich
,,etwa der Herr immer noch lebhaft dort auf? Ist er von uns
„gewichen? Ist der heilige Geist bei den Einwohnern von Ieru-
„salem in reicherm Maaß vorhanden? Kann er hingegen zu uns
„nicht herüber kommen? Dürfte man aus dem Aeußcrlichen auf
„Gottes Gegenwart schließen, so möchte man beinahe sagen, Gott
„wohne eher bei den Kappadocicrn (die Stadt Nyssa, in welcher
„Gregor Bischof war, lag in Kappadocien) als in andern Län-
dern. Wäre in dem Bezirk von Jerusalem die Gnade reichlicher
, als an andern Orten, so wären die gröbsten Sünden, vornehm-
lich der Todtschlag nicht so gewöhnlich. Der Weg einer noth-
wendigen Reise brachte mich nach Jerusalem, dadurch wurde mein
, Glaube an Christus nicht schwächer und nicht stärker. Ich habe
, durch meinen dortigen Aufenthalt nichts gelernct, als dieß, daß
man in Kappadocien frömmer lebe, als zu Jerusalem. Verehrer
, Gottes! Lobet Gott an dem Orte, in welchem ihr euch besin-
,det. Dadurch, daß man seinen Ort verändert, kömmt man Gott
, nicht näher. Gott kömmt, du magst seyn, wo du willst, zu
, dir, wenn du so beschaffen bist, daß sich Gott bei dir einsinden
,und aufhalten kann. Hast du hingegen den innern Menschen
,mit bösen Gesinnungen angefüllet, so bist du, wenn du dich auch
,auf der Schädelstätte, auf dem Oelberge, oder unter dem Denk-
wa l der Auferstl >ung befändest, so weit von Christus entfernt,
,als diejenigen, welche die Anfangsgründe des Christenthums noch
„ nicht kennen. Es ist also den Brüdern zu rathen, sie sollen von
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Volume 2
- Title
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Subtitle
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Volume
- 2
- Author
- Anton Mätzler
- Publisher
- Landshut Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 1840
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 9.8 x 16.9 cm
- Pages
- 982
- Keywords
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen