Page - 16 - in L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
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Ein wesentliches Merkmal webbasierter Anwendungen sind aber nun Kommunikation und Kollaboration.
Die entsprechenden Anwendungen eröffnen dadurch für Lernende und Lehrende vor allem solche neuen
Wege des gemeinsamen Lernens.
Heute gibt es zahlreiche unterschiedliche Formen des Einsatzes von Technologien im Unterricht. In reinen
Online-Lernsituationen werden zum Beispiel Lernmaterialien im Internet zur Verfügung gestellt, über di-
gitale Kommunikationswege (Forum, Chat, Soziale Netzwerke …) diskutiert oder E-Mails mit Tutorinnen
und Tutoren ausgetauscht. Der einzelne Lernende sitzt dabei also alleine am Computer oder einem anderen
„Endgerät“, lernt aber nicht notwendigerweise isoliert, sondern im intensiven Austausch mit anderen Ler-
nenden und Lehrenden. Im Vergleich zu Präsenzveranstaltungen ermöglicht reines Online-Lernen, außer-
halb der üblichen Seminarzeiten und zu eigens festgelegten bzw. selbstbestimmten Zeiten zu lernen.
Gleichzeitig aber fordert der, im Vergleich zum Präsenzunterricht, unverbindliche Charakter einer solchen
Lernsituation große Motivation und Selbstdisziplin seitens der Lernenden. Manchmal werden durch das
Lernen über das World Wide Web auch Szenarien möglich, die mit realen Treffen nicht oder schwer zu or-
ganisieren und zu finanzieren wären: Online-Veranstaltungen mit Teilnehmenden aus der ganzen Welt, zum
Beispiel Muttersprachler/inn/en, die auf einer Sprachlernplattform Unterstützung geben.
In der Praxis werden Online-Phasen und Präsenzunterricht häufig kombiniert beziehungsweise abge-
wechselt. Man spricht dann vom „Blended Learning“ (auf Deutsch „gemischtes Lernen“). Blended-
Learning-Szenarien werden aus unterschiedlichen Motiven eingesetzt. Den Präsenzunterricht ergänzende
Online-Phasen werden als Möglichkeit gesehen, das individuelle, selbstorganisierte und arbeitsplatznahe
Lernen zu begleiten und zu unterstützen. Auch wird durch Online-Phasen das Lernen aus dem Seminar-
raum in die Arbeits- und Lebenswelt der Lernenden hinausgetragen; der Transfer des Gelernten gelingt un-
ter Umständen leichter. Schlussendlich wird Online-Unterricht auch eingesetzt, um oft teureren Präsenzun-
terricht zu sparen.
Spätestens seit Herbst 2011 hat sich in der Diskussion um Online-Lehre ein weiterer Begriff Aufmerk-
samkeit verdient: MOOC, kurz für Massive Open Online Course. Als ein MOOC wird eine spezielle Form
der reinen Online-Lehre bezeichnet, deren Hauptmerkmale eine sehr große Anzahl an Lernenden, und ein
freier Online-Zugang zu den Lehr- und Lernunterlagen sind. Der Begriff geht auf Dave Cormier zurück,
der 2008 einen Online-Kurs bei George Siemens und Stephen Downes besucht (McAuley, 2010). Während
diese Veranstaltungen stark dem Konnektivismus nach Siemens (siehe Kapitel #lerntheorie) folgten, starte-
te die Universität Stanford 2011 drei Online-Kurse mit je über 100.000 registrierten Teilnehmenden und
prägte das Bild von MOOCs, welches heute durch die Medien propagiert wird: Auf einer Plattform zur Ver-
fügung gestellte Inhalte (vorwiegend Videos) mit anschließenden Überprüfungen und vergleichsweise ge-
ringer Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden. Diese führte dazu, dass im Wissenschaftsbereich
heute zwei Arten von MOOCs unterschieden werden, cMOOC (connectivist MOOC) und xMOOC (Exten-
sion MOOC) (Wedekind, 2013) (siehe Kapitel #systeme #lll #offeneslernen).
Im Bildungsalltag gibt es nicht immer und ausschließlich reine Präsenzphasen ohne Technologieein-
satz oder reine Online-Phasen. Technologien, insbesondere webbasierte Werkzeuge und Systeme, werden
auch im Präsenzunterricht eingesetzt, zum Beispiel, wenn mit dem Internet recherchiert wird. Auch werden
in Schulen und insbesondere Hochschulen häufig webbasierte Lernmanagementsysteme eingesetzt (siehe
Kapitel #systeme, #infosysteme #schule #hochschule). Lernende erhalten dort ergänzende Materialien, zum
Beispiel Präsentationsunterlagen, führen dort unterrichtsbegleitende Diskussionen oder finden dort Lern-
aufgaben, deren Lösungen wiederum über das System den Lehrenden zugänglich gemacht werden.
Vielfältige Lernsituationen mit Technologien sind bekannt, ohne dass sich dafür Bezeichnungen durch-
gesetzt haben. Wir haben versucht, ein geeignetes Bild zu finden, um die unterschiedlichen Formen an-
schaulich zu beschreiben. Mit einem Augenzwinkern machen wir uns das Bild der Grillwurst und ihrer un-
terschiedlichen Zubereitungsformen zu eigen und nennen die Darstellung folglich Barbecue-Typologie des
Lernen und Lehrens mit Technologien:
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569