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Zwei der wichtigsten europäischen Mitunterzeichnenden dieser Regelung kümmerten sich aber von An-
fang an nicht um die neue Norm. Das Vereinigte Königreich machte mit dem anfänglichen BTX (‚Prestel‘)
weiter wie gehabt, mäßig erfolgreich. Die Franzosen bauten mit einer gewissen Verzögerung einen
S/W-Bildschirm mit alphabetischer Tastatur in das Telefon ein. Dieses Minitel war zwar meilenweit von
der CEPT-II-Norm entfernt, aber ideal, um es als elektronisches Telefonbuch, Nachschlagewerk, Buchungs-
instrument oder für Nachrichtendienste zu verwenden. Im Laufe der Zeit benutzten immerhin 30% der fran-
zösischen Haushalte (6 Millionen) ein Minitel. Im Jahr 1996 war der mit Minitel erzielte Umsatz in Frank-
reich noch größer als jener mit dem Internet in den flächen- und einwohnermäßig wesentlich größeren
USA. Die Verbreitung der Geräte in Frankreich wurde insofern unterstützt, als dass man anfangs Haushal-
ten, die auf gedruckte Telefonbücher verzichteten, das Minitel gratis zur Verfügung stellte.
Deutschland und einige Nachbarländer setzten auf den Level-2-Standard, wobei Österreich von Anfang
an, also schon zu den Beginnzeiten des BTX, eine neue Idee verfolgte, die auf meinen damaligen Mitarbei-
ter und heutigen CIO der Regierung, Prof. Posch, und den Verfasser zurückging. Wenn Fernsehgeräte mit
Elektronik nachgerüstet werden, wieso verwendet man nicht gleich programmierbare Computer, die natür-
lich nicht nur Level 3 unterstützen konnten, sondern die man auch ohne Telefonverbindung als Kleincom-
puter einsetzen konnte? Da insbesondere externe Speicher (wie Kassettenlaufwerke) langsam und unzuver-
lässig waren, beschlossen wir, alle Daten und Programme mit Ausnahme eines Kernbetriebssystems in den
BTX-Zentralrechnern abzuspeichern. Im unveränderbaren ROM (Read Only Memory) des Gerätes, des
MUPID (Mehrzweck Universell Programmierbarer Intelligenter Decoder - der wie Insider wissen: ‚Maurer
Und Posch Intelligenter Decoder‘), befand sich Software zur Anzeige von Daten, für Interaktionen mit den
BTX-Zentralen, für das Editieren und für das Programmieren (in einer Grafikversion der Programmierspra-
che BASIC).
Alle Daten und selbst programmierte oder komplexe zusätzliche Programme konnte man in den
BTX-Zentralen ablegen und jederzeit abrufen - ähnlich, wie man es heute mit Smartphone-Apps macht
oder über Cloud-Computing redet, nur nannte man es damals Teleprogramme und Zentralrechner. Die Pro-
grammierbarkeit des MUPIDS (der 1985 an den CEPT-Standard angepasst wurde) erweiterte die Möglich-
keiten ungemein. Sehr erfolgreiche Berechnungen, Mehrpersonenspiele, Informationsverwaltungsprogram-
me, die ersten ‚Social Networks‘ entstanden und vieles mehr. Abbildung 4 zeigt den Stichtag 15. April
1982, als wir den ersten MUPID der damals tatsächlich staunenden Welt (auch Fachwelt) vorführten.
Der Siegeszug des MUPID im wichtigsten Absatzmarkt Deutschland wurde durch Interventionen der
deutschen Post zu Gunsten deutscher Firmen gebremst, sodass die Gesamtproduktion 50.000 Geräte nicht
überschritt, mit 40% Absatz in Österreich.
Natürlich wurde mit der Kombination MUPID/ BTX auch erstmals (landesweit) vernetztes Lernen und
Lehren möglich, so dass im Laufe der Zeit über 300 einstündige Unterrichtseinheiten mit Bildern, Anima-
tionen, Frage/Antwortspielen usw. entwickelt wurden. Bei der IFIP Weltkonferenz 1986 wurde dies im
Aufsatz über „Nationwide teaching through a network of microcomputers“ (Maurer, 1986) dargestellt. Das
Projekt selbst nannte sich COSTOC (Computer Supported Teaching of Computer Science) und wurde an
Dutzenden Universitäten weltweit eingesetzt. Eine partielle Liste findet sich auch in den Links zum Kapitel
auf diigo.com.Es gab Kurse in Deutsch und Englisch, einige von hochrangigen Wissenschaftlern wie Arto
Salomaa, Thomas Ottmann oder Ian Witten verfasst.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Title
- L3T
- Subtitle
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Editor
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Publisher
- epubli GmbH
- Location
- Berlin
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 594
- Keywords
- L3T, online
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569