Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Lehrbücher
L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Page - 128 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 128 - in L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien

Image of the Page - 128 -

Image of the Page - 128 - in L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien

Text of the Page - 128 -

128 Lernen kann der Mensch immer – auch ohne Lehren. Das gilt ganz besonders im Zusammenhang mit digi- talen Technologien, die zahlreiche Lernchancen und -anlässe bieten, ohne dass Lehrende diese explizit zu Bildungszwecken arrangiert haben müssen. Lehren ohne Lernen dagegen ist sinnlos, denn: Ziel allen Leh- rens (und damit auch aller Bildungsinstitutionen, in denen gelehrt wird) muss das Lernen sein. Es ist daher zunächst einmal naheliegend anzunehmen: Wenn ich weiß, wie Lernen funktioniert, weiß ich auch, wie man am besten lehren kann. Wie man lernt, darüber sollten Lerntheorien Auskunft geben. Lerntheorien ver- suchen, zu beschreiben und zu erklären, nach welchen Prinzipien oder gar Gesetzen Lernen „funktioniert“. Mit Lernen wiederum meint man in der Regel einen Erfahrungsprozess, der dazu führt, dass eine Person re- lativ stabile Dispositionen aufbaut und in der Folge ihr Verhalten, Handeln, Denken, Fühlen oder Meinen verändert. Lerntheorien sollten also, so könnte man folgern, am Anfang stehen, wenn man die Rolle des Lehrenden innehat und Lernprozesse (unter anderem mit technologiegestützten Bildungsangeboten) fördern will. Allerdings gibt es verschiedene Lerntheorien, sodass man sich offenbar für eine Lerntheorie entschei- den oder zumindest wissen muss, welche Lerntheorie für welche Zwecke brauchbar ist. Novizen auf dem Gebiet des Lehrens und Lernens gehen denn auch oft davon aus, dass ihnen Lerntheorien den Weg zum rechten Lehren weisen – nach dem Motto: „Sag mir, welche Lerntheorie ich nehmen soll, und ich weiß, was zu tun ist.“ Der viel diskutierte „shift from teaching to learning“ scheint Gedankenketten dieser Art auf den ersten Blick zu bestärken: Wenn der Fokus auf den Lernenden und ihren Lernprozessen liegt, kann es nicht falsch sein, das Lehrhandeln an Lerntheorien auszurichten – den „richtigen“ natürlich. Um beurteilen zu können, ob diese Überlegungen stichhaltig sind oder besser verworfen werden sollten, muss man sich genauer ansehen, welche Lerntheorien es überhaupt gibt und was diese leisten können. Leider ist alles andere als klar, was eine Lerntheorie eigentlich ist. Im Allgemeinen werden die drei großen Theoriesysteme des Lernens als die Lerntheorien bezeichnet: Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruk- tivismus. Aber auch theoretische Annahmen etwa über das Gedächtnis, das Lernen mit verschiedenen Sym- bolsystemen oder die Rolle der Erfahrung beim Lernen können einem in der wissenschaftlichen Literatur als Theorie oder Modell begegnen. Orientiert man sich an der Verwendungshäufigkeit, liegt es nahe, Lern- theorien auf die großen Theoriesysteme des Lernens zu beschränken. Unterhalb von Lerntheorien in diesem Sinne findet man eine Vielzahl von (behavioristischen, kognitivistischen, konstruktivistischen) Teil- oder Partialtheorien, Modellen und Konzepten (vgl. Kron, 2008, 56 f.). Behaviorismus. Im Behaviorismus spielen Tierversuche (mit Hunden, Tauben, Ratten) eine bekannte Rolle, bilden aber nur auffällige Wegmarken dieser Lerntheorie, deren Prinzipien vor allem die Psychologie bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts dominiert haben. Grundlage des Behaviorismus ist das Reiz-Reaktions- Modell. An mentalen Prozessen zwischen Reiz und Reaktion ist der Behaviorismus dagegen nicht interes- siert (Black-Box-Denken). Das Gehirn wird als ein Organ angesehen, das auf Reize mit angeborenen oder erlernten Verhaltensweisen reagiert. Nachfolgende Konsequenzen gelten als neue Reize, die das Verhalten formen. Damit sind zwei Konditionierungsmodelle (also behavioristische Teiltheorien) angesprochen: Beim klassischen Konditionieren wird ein an sich neutraler Reiz zeitlich mit einem Reiz gekoppelt, der eine (re- flexartige) Reaktion auslöst, sodass der erstere später auch allein die Reaktion bedingt. Das funktioniert be- sonders gut bei physiologischen, aber auch emotionalen Reaktionen wie Furcht und Stress (Watson & Ray- ner, 1920). Beim operanten Konditionieren wird ein spontanes Verhalten mit einem angenehmen Reiz (po- sitiv) oder durch Entfernung eines unangenehmen Reizes (negativ) verstärkt und auf diese Weise geformt (Skinner, 1954). Dass Verhaltensweisen nicht nur durch eigenes Tun und Verstärkungen, sondern auch durch Beobachtung und Nachahmung erlernt werden können, hat Bandura (1977) mit dem Lernen am Mo- dell gezeigt: Hier ist das Modellverhalten ein Hinweisreiz für eine Nachahmungsreaktion. Nachgeahmt wird das Verhalten dann, wenn das Modell dem Beobachter ähnlich und erfolgreich ist. Die Prinzipien des Behaviorismus werden hier um kognitive und soziale Aspekte erweitert. Behavioristische Lerntheorien be- ruhen auf einer großen Anzahl von Laboruntersuchungen, in denen man sich grundsätzlich nur für beob- achtbares Verhalten interessiert; innere Vorgänge kommen erst in Banduras Prinzip der Nachahmung all- mählich zum Tragen. Forschungsmethodisch setzt der Behaviorismus auf experimentalpsychologische Ver- fahren, um Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufzudecken und Prozesse der Verhaltensänderung möglichst eindeutig beschreiben und erklären zu können. Das Menschenbild im Behaviorismus ist mechanistisch und geprägt von Konditionierungsprozessen. Lernen gilt als Sonderform des Verhaltens und wird als eine Art Trainingsvorgang verstanden. Beim Lehren soll bezogen auf ein bestimmtes Ziel Verhalten gesteuert und verändert werden. Fast zwangsläufig resultiert aus dieser Auffassung eine eher autoritäre Rolle der Lehren- den: Sie haben eine starke Machtposition und entscheiden, was wie zu lernen ist. Sie gestalten „Reizsitua- tionen“ und Konsequenzen so, dass die angestrebten Lernergebnisse eintreten und stabilisiert werden.
back to the  book L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien"
L3T Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Title
L3T
Subtitle
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Editor
Martin Ebner
Sandra Schön
Publisher
epubli GmbH
Location
Berlin
Date
2013
Language
German
License
CC BY-SA 3.0
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
594
Keywords
L3T, online
Category
Lehrbücher

Table of contents

  1. Einleitung 1
  2. Einführung 11
  3. Von der Kreidetafel zum Tablet 27
  4. Die Geschichte des WWW 39
  5. Hypertext 51
  6. Geschichte des Fernunterrichts 65
  7. Informationssysteme 75
  8. Webtechnologien 89
  9. Multimediale und interaktive Materialien 99
  10. Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
  11. Human-Computer-Interaction 117
  12. Didaktisches Handeln 127
  13. Medienpädagogik 139
  14. Systeme im Einsatz 147
  15. Kommunikation und Moderation 157
  16. Forschungszugänge und -methoden 167
  17. Planung und Organisation 177
  18. Literatur und Information 185
  19. Die „Netzgeneration“ 201
  20. Multimedia und Gedächtnis 209
  21. Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
  22. Prüfen mit Computer und Internet 227
  23. Blogging und Microblogging 239
  24. Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
  25. Educasting 257
  26. Game-Based Learning 267
  27. Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
  28. Offene und partizipative Lernkonzepte 287
  29. Qualitätssicherung im E-Learning 301
  30. Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
  31. Lernen mit Videokonferenzen 319
  32. Simulationen und simulierte Welten 327
  33. Barrierefreiheit 343
  34. Genderforschung 355
  35. Zukunftsforschung 363
  36. Kognitionswissenschaft 373
  37. Diversität und Spaltung 387
  38. Lern-Service-Engineering 397
  39. Medientheorien 405
  40. Das Gesammelte interpretieren 413
  41. Wissensmanagement 421
  42. Sieht gut aus 427
  43. Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
  44. Interessen und Kompetenzen fördern 445
  45. Spielend Lernen im Kindergarten 455
  46. Technologieeinsatz in der Schule 465
  47. Technologie in der Hochschullehre 475
  48. Fernstudium an Hochschulen 483
  49. Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
  50. E-Learning in Organisationen 497
  51. Erwachsenen- und Weiterbildung 507
  52. Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
  53. Sozialarbeit 525
  54. Human- und Tiermedizin 531
  55. Online-Labore 539
  56. Mehr als eine Rechenmaschine 547
  57. Bildungstechnologien im Sport 557
  58. Fremdsprachen im Schulunterricht 569
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
L3T