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In dieser Frage zeigt sich bereits ein deutlicher Unterschied zwischen dem broadcasting-orientierten
E-Learning-1.0-Verständnis und dem eher beteiligungsorientierten E-Learning-2.0-Verständnis. E-Learning
2.0 rückt die Lernenden nicht nur als Empfänger/innen in den Mittelpunkt, sondern auch als aktive Akteu-
re, die selbst an der Definition und Evaluation der Qualität der Lernressourcen und der Lernprozesse betei-
ligt sind. Während nach der Konzeption von E-Learning 1.0 Lernmaterialien vielfach von Expertinnen und
Experten erstellt und bewertet werden, Lernplattformen durch Institutionen sowie Expertinnen und Exper-
ten qualitätsgesichert werden, stellen Lernende sich in E-Learning-2.0-Szenarien ihre eigenen persönlichen
Lernumgebungen (PLE) zusammen, kreieren eigene Inhalte und lernen zusammen mit und von anderen
(vgl. Kapitel #systeme). Lernmaterialien werden gegenseitig durch die Peers bewertet.
In E-Learning-2.0-Lernszenarien fällt den Lernenden als aktive Konstrukteure und Kontrukteurinnen
von Lernmaterialien (Co-Creator), Lernumgebungen (PLE) und Impulsgeber/innen für eigene Lernprozesse
eine wichtige Rolle bei der Definition von Erfolgs- und Qualitätskriterien zu. Dies ist übrigens eine Eigen-
schaft, die oftmals als Barriere für die Integration von E-Learning 2.0 in formale Bildungsprozesse empfun-
den wird. Denn die Konkurrenz von Lernenden und Lehrenden und/oder anderen institutionellen Akteuren
bei der Qualitätseinschätzung scheint oft unüberwindbar und nur über einen Machtverlust auf Institutions-
seite auflösbar.
Die Rolle der Qualitätsentwicklung ändert sich. Ist sie vielfach in traditionelleren Lernszenarien noch
die einer Prüfung und Kontrolle von Qualität, so wird sie in E-Learning-2.0-Szenarien mehr zur Rolle eines
Ermöglichers von Lernfortschritten. Lernmethoden und Qualitätsentwicklung rücken eng zusammen. Me-
thoden wie Feedback, Reflexion und Empfehlungsmechanismen rücken in den Vordergrund. Charakteristi-
sche Rahmenbedingungen, die in der Qualitätsentwicklung für E-Learning-2.0-Szenarien beachtet werden
müssen, sind im Folgenden aufgeführt:
Die Metapher für Lernen ändert sich. Im E-Learning 2.0 macht sich Qualität nicht so sehr an der Evaluation
einer vorgefertigten Lernumgebung oder eines von Expertinnen und Experten produzierten Lerninhaltes
fest. Nicht die Rezeption, sondern die aktive Beteiligung steht im Vordergrund, also die Frage, inwieweit
ein Lernszenario dazu anregt, individuelle, persönliche Lernumgebungen zu kreieren, eigene Lerninhalte
zusammenzustellen und mit anderen zu teilen.
Qualitätsentwicklung für E-Learning-2.0-Szenarien verlagert den Fokus von einem Konformitätsfokus hin
zu einer Reflexion des Lernprozesses. Lernende werden dabei unterstützt, eigene Lernfortschritte, Bil-
dungsstrategien, Bedarfe und so weiter zu reflektieren, zu erkennen und umzusetzen sowie den Beitrag von
Bildungsmedien dazu kritisch zu reflektieren. Ziel ist dabei, eine persönlich ideale Konfiguration von Bil-
dungsmedien und -strategien zu erlangen, die durch selbstständige Reflexion weiterentwickelt wird.
Weniger die Lernmaterialprodukte, mit denen gelernt wird, stehen im Vordergrund der Qualitätsentwick-
lung; auch nicht die Prozesse der Anbieter. Qualitätsentwicklung konzentriert sich auf die Performanz der
Lernenden, die von ihnen erstellten Lernprodukte, Entwicklungsschritte und Ähnliches (etwa in E-Portfoli-
os), die den Weg zur Handlungskompetenz kennzeichnen.
Qualität von Lernszenarien wird oftmals durch eine sorgfältige Analyse der Bildungsbedarfe, eine umfas-
sende Konzeptionsphase, rückgekoppelte Lernmaterialdesign- und Entwicklungsprozesse und die Evaluie-
rung von Lernprozessen und -ergebnissen angestrebt. In E-Learning-2.0-Szenarien werden viele dieser Pro-
zesse von Anbietern beziehungsweise Anbieterinnen eines Programms auf die Lernenden verlagert. Quali-
tätskonzepte müssen daher Lernende in ihrer Fähigkeit zur Qualitätsentwicklung durch Reflexion unterstüt-
zen, lernendenorientierte Evaluationsformen ermöglichen und Lernenden die notwendigen Werkzeuge zur
Qualitätsentwicklung ihrer eigenen persönlichen Lernumgebung an die Hand geben.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Title
- L3T
- Subtitle
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Editor
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Publisher
- epubli GmbH
- Location
- Berlin
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 594
- Keywords
- L3T, online
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569