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Menschen mit Wahrnehmungs- und Lernbehinderungen (zum Beispiel Dyslexie: Störungen des Kurzzeitge-
dächtnisses) können durch eine einheitliche Strukturierung der (Lern-)Inhalte und der Navigation, gleiches
Layout und Design sowie vor allem eine den Nutzern und den Nutzerinnen angepasste Textwahl – ‚leichte
Sprache’ (‚easy to read’) – unterstützt werden. Einfachere Sprache wird für Menschen mit geringen sprach-
lichen Fähigkeiten verwendet, ist jedoch auch eine Forderung für die verständliche Darstellung wissen-
schaftlicher Inhalte (Freyhoff et al., 1998). Das Angebot von gleichen, aber unterschiedlich aufbereiteten
Informationen, zum Beispiel als Text und als Sprachaufzeichnung, kann für Menschen mit Wahrnehmungs-
und Lernbehinderungen hilfreich sein, um das Material besser zu verstehen.
Von wesentlicher Bedeutung für die Regelungen zur Barrierefreiheit in den europäischen Mitgliedsstaaten
ist das Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union. Besondere Bedeutung kommt dabei den Antidiskrimi-
nierungsrichtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG zu. Diese wirken prägend auf die nationale Gesetzgebung
ein. In den DACH-Staaten (also Deutschland, Österreich, Schweiz) wird die gleichberechtigte Teilhabe von
Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft, darunter fällt auch die Anteilnahme an Bildungsangeboten,
durch verschiedene Gesetzgebungen geregelt: In Deutschland durch das Behindertengleichstellungsgesetz
(zum Beispiel § 11 BGG) und in der Schweiz durch das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachtei-
ligungen von Menschen mit Behinderungen (BehiG). In Österreich fällt ‚barrierefreies E-Learning’ unter
zwei Gesetzestexte: das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) sowie das E-Government-Ge-
setz (E-GovG). Das BGStG definiert in § 6 Abs. 5 BGStG unter anderem, wann von Diskriminierung ge-
sprochen wird und welche Bereiche in Österreich auch vom Gesetz wegen barrierefrei zugänglich sein
müssen. In § 5 BGStG wird noch speziell auf die kommunikationstechnischen Barrieren eingegangen. Für
Gröblinger (2007) hat die gesetzliche Verankerung eines Diskriminierungsverbots, das explizit sich an die
Öffentlichkeit richtende Angebote behandelt, die Konsequenz, dass insbesondere Vorlesungen (gegebenen-
falls mit E-Learning-Anteilen) an Hochschulen berücksichtigt werden müssen, da diese ebenfalls für die
Öffentlichkeit zugänglich sind. Im Jahr 2002 unternahm Deutschland einen weitaus massiveren Schritt in
der Gesetzgebung als Österreich, indem die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (kurz BITV) als
Ergänzung des bestehenden Behindertengleichstellungsgesetzes herausgegeben wurde. In Österreich gibt es
Empfehlungen für die Anwendung der WCAG (2.0) auf Stufe AA (das heißt, alle für die Konformitätsstufe
AA notwendigen Erfolgskriterien müssen erfüllt sein). Tesar et al. (2009) übertragen die Anforderungen
auf webbasierte Lernumgebungen im Bildungsbereich und fordern auf der Basis der gesetzlichen Regelun-
gen die barrierefreie Gestaltung von interaktiven und webbasierten Lernangeboten. Durch die Veröffentli-
chung der WCAG 2.0 als ISO/IEC 40500 (Oktober 2012) und dem im August 2012 veröffentlichten
PDF/UA-Standard als ISO 14289-1 können sich Unternehmen und Behörden auch auf ISO-Standards stüt-
zen, die mittels standardisierten Ansätzen die Zugänglichkeit, insbesondere im Bereich der Webtechnologi-
en, sicher stellen und sich auch für eine Übersetzung und Umsetzung in nationalem Recht anbieten würden.
Die Barrierefreiheit von Lehr- und Lerntechnologien wird von vier Aspekten wesentlich beeinflusst (Abbil-
dung 2):
Die Inhalte, einerseits zum Beispiel in Form von Webseiten, Textdokumenten, PDF-Dateien, Audio
und Videodateien, andererseits in Form der richtig verwendeten Auszeichnungssprachen und vali-
den Codes, zum Beispiel für Struktur und Darstellung, müssen zugänglich sein.
Die verwendeten Technologien müssen zugänglich sein, zum Beispiel barrierefreie Webbrowser,
synchrone Kommunikationswerkzeuge und andere Benutzeragenten.
Gerade im Bereich E-Learning spielen Autorenwerkzeuge zur Erstellung von Lernmaterialien
(zum Beispiel auch die Administrationsoberflächen von Lernmanagementsystemen) eine wichtige
Rolle bei der Barrierefreiheit. Auch sie müssen für die Benutzer/innen zugänglich sein beziehungs-
weise die Erstellung von barrierefreien Inhalten unterstützen.
Die korrekte Verwendung der vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelten technischen
Spezifikationen wie zum Beispiel HTML, XHTML, XML, SMIL, SVG, CSS und RDF. Die Ver-
meidung proprietärer Technologien wird in der Tendenz die Zugänglichkeit von Seiten verbessern.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Title
- L3T
- Subtitle
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Editor
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Publisher
- epubli GmbH
- Location
- Berlin
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 594
- Keywords
- L3T, online
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569