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Moderne Medien und Technologien haben das Lernen und Lehren in den letzten Jahrzehnten deutlich ver-
ändert und neugestaltet. War die Schiefertafel etlichen Urgroßeltern heutiger Studierender noch bekannt,
gehören heute Lernende mit eigenen Laptops in das Bild eines Hörsaals an Universitäten oder in Weiterbil-
dungsseminaren. Gerade die Erfindung und Verbreitung des World Wide Web intensivierte Diskussionen zu
den Folgen von neuen Technologien für den Bildungsbereich. So ist es mithilfe des Internets nun sehr viel
einfacher und nahezu überall möglich, an Informationen zu gelangen. Mit den neuen Technologien verän-
dern sich aber nicht nur konkrete Arbeitsweisen, sondern es entwickeln sich vielfach auch neue Lehrkon-
zepte und -kulturen. Die Webtechnologien und die damit propagierten Werkzeuge für das Lernen stellen
hohe Erwartungen an die Selbstlernkompetenz der Lernenden und Lehrenden.
Eine Vielzahl von Initiativen und Projekten bemüht sich, zukünftige Entwicklungen für den Einsatz von
Technologien vorherzusagen, mitzugestalten und auch Neues zu entwickeln. Dieser Beitrag bietet einen
ersten Einstieg und Überblick über die Methoden und Ansätze, wie sich die aktuelle Bedeutung von tech-
nologischen Entwicklungen am Markt bewerten lässt, wie Zukunftsforschung durchgeführt wird und wie
Innovationsentwicklung systematisch betrieben werden kann.
In der Informationstechnologie allgemein und auch in der (wissenschaftlichen) Diskussion zum technolo-
giegestützten Lernen insbesondere ändert sich schnell, was gerade ‚en vogue‘ beziehungsweise ‚in‘ ist. Ver-
meintlich potente Technologien und Lerntrends entwickeln sich rasch zu Buzzwords (englisch für ‚Mode-
wort‘). Häufig sind dies Wortneuschöpfungen oder neuartige Technologien: Sie dürfen in keinem Beitrag
oder Antrag mehr fehlen und sorgen für Aufmerksamkeit. Ob sie dann wirklich nachhaltig die Lern- und
Lehrpraxis innovieren, ist dabei in der Regel unklar. Für Praktiker/innen ist es nicht immer einfach, zwi-
schen kurzfristigen Modeerscheinungen und tatsächlichen Innovationen und Trends im technologiegestütz-
ten Lernen zu unterscheiden beziehungsweise hier Einschätzungen zu treffen.
Radikale Innovationen gibt es im pädagogischen Feld nur selten. Dies würde bedeuten, dass ein ganz neues
Produkt, neue Dienstleistungen oder neue Konzepte entwickelt würden, die vorher nicht existierten. Ein
Beispiel für eine radikale Innovation im Schulsystem ist die massive Aufwertung der schriftlichen Informa-
tionsmittel sowie die gleichzeitige Entwertung des gesprochenen Wortes in der Lehre im Zuge der Einfüh-
rung der Buchdrucktechnologie im 15. Jahrhundert (Giesecke, 1994, 29ff). Ein anderes Beispiel ist die Ein-
führung der „schwarzen Tafel“: „Die Pädagogen, die die 'Große Schultafel' in ihren Unterricht einführten,
wurden [zu Beginn] mit Berufsverbot belegt […] Die 'Große Schultafel' machte sozial-kommunikative Un-
terrichtsprozesse möglich, die im Vergleich zum herkömmlichen Unterricht […] als subversiv erlebt wur-
den“ (Wagner, 2004, 170; verweist auf Petrat, 1979). Erneuerungen im Bereich des technologiegestützten
Lernens und Lehrens sind häufig Anpassungen, beispielsweise von vorhandenen Technologien für den
Lernkontext, ohne dass sie eine radikale Innovation darstellen. So wurden Diskussionsforen, wie sie im
Web schon bekannt waren, mit einer gewissen Verzögerung auch im webbasierten Unterricht eingesetzt.
Es gibt eine Reihe von Vorschlägen, die beschreiben, wie Innovationen und Technologien am Markt aufge-
nommen werden. Sie helfen dabei, den aktuellen Stand von Technologien und Innovationen am Markt ein-
zuschätzen.
Bekannt ist der Ansatz von Rogers (2003), der die Adaption von Technologien bzw. die Verbreitung von
Technologien anhand der erreichten Zielgruppen beschreibt: Die ersten 2,5 Prozent der potentiellen Nut-
zer/innen einer Technologie bezeichnet er als ‚Innovatoren‘ und beschreibt diese als aggressive Verfol-
ger/innen von neuen technologischen Trends. Danach folgen die ‚Early Adopters‘ (‚frühe Übernehmer‘).
Diese sind seltener Technologinnen oder Technologen und kaufen diese Produkte, weil sie damit Visionen
verbinden. Selbst wenn diese beiden Gruppen erreicht wurden, ist noch nicht abgesichert, dass eine Tech-
nologie auch Markterfolg haben wird und die weiteren Gruppen der ‚frühen Mehrheit‘ (engl. ‚early majori-
ty‘), also eher konservative, aber für Neues offene Personen,
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Title
- L3T
- Subtitle
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Editor
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Publisher
- epubli GmbH
- Location
- Berlin
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 594
- Keywords
- L3T, online
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569