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Eine weitere Kritik an der Zukunftsforschung betrifft unter anderem aggregierende Vorgehen, beispiels-
weise das Berechnen von Mittelwerten, die kreative oder überraschende Ergebnisse ausbügeln, unsichtbar
machen können oder auch grundlegende medientheoretisch fundierte Kritik an der Reflexionsfähigkeit in
der eigenen Medienwelt (siehe Mediosphäre nach Debray, 2004; Meyer, 2008; Schaffert & Schwalbe,
2010).
Abschließend werden in diesem Kapitel Methoden vorgestellt, die Unternehmen für die Entwicklung von
Innovationen verwenden, und Verfahren, die im Bildungsbereich die Entwicklung von Innovationen för-
dern können. Nicht jede Innovation ist jedoch das Ergebnis eines solchen geplanten Prozesses. So entwi-
ckeln Nutzer/innen von Produkten und Dienstleistungen immer wieder innovative Ideen; bekannte Beispie-
le lassen sich im Sport- und Freizeitbereich finden: Mountainbikes, Skateboards und Snowboards sind alle-
samt von ihnen und nicht von professionellen Produktentwicklerinnen und -entwicklern erfunden worden
(„User Based Innovations“, siehe Schroll 2007, 4-5). Unternehmen haben das längst erkannt und versuchen
Nutzer/innen als Innovationsquelle systematisch zu erschließen. In diesem Zusammenhang spricht man von
‚Open Innovation‘.
Auch Innovationen beim Lernen und Lehren mit Technologien können durch Endnutzer/innen, das heißt
Lernende, entstehen. Häufig sind jedoch Lehrende die Treiber/innen von Innovationen, also tatsächlichen
Neuerungen im Unterrichtsgeschehen.
Eine mittlerweile empirisch umfassend untersuchte Methode der Open Innovation ist der Lead-User-An-
satz. Dies ist eine qualitative Methode zur Identifikation und Integration von Trägerinnen und Trägern in-
novativer Bedürfnisse in den (innerbetrieblichen) Innovationsprozess. Die Methode geht auf Erich von Hip-
pel vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) zurück. Die Grundlage der Methode ist die Diffussi-
onstheorie, also die oben vorgestellte Theorie der Verbreitung von Produkten am Markt. Von Hippel geht
davon aus, dass die Lead User die Bedürfnisse des Massenmarktes vorwegnehmen und diese Bedürfnisse
durch Veränderungen bestehender Produkte oder sogar durch neue Produktkreationen befriedigen. Durch
diese spezifische Konstellation sind sie für die Lösung von Innovationsaufgaben optimal geeignet (von
Hippel 2005, 22-23).
Die Lead-User-Methode wird meistens mehrstufig dargestellt. Sie beginnt mit der Identifikation des Such-
feldes, in welchem innovative Lösungen gesucht werden. Ein Suchfeld ist zum Beispiel die technologisch
gestützte Kollaboration. Lead User kann man per Selbstauskunft oder mit der Schneeballsuche identifizie-
ren, bei der Lead User andere Lead User empfehlen. Lead User weisen folgende Eigenschaften auf: Sie ha-
ben neue, (am Markt) kaum verbreitete Bedürfnisse; sie sind bezüglich mangelnder Befriedigung dieser
Bedürfnisse unzufrieden und möchten hier tätig werden; sie verfügen über Anwenderwissen; sie verfügen
über Produkt- beziehungsweise Objektwissen (Tinz, 2007, 91). In der letzten Phase wird ein Workshop mit
den Lead-Usern abgehalten, in dem mit Hilfe von Kreativitätstechniken innovative Lösungen gesucht und
bewertet werden. Eine vom MIT und dem Unternehmen 3M vorgenommene Untersuchung zeigt, dass die
Lead-User-Ideen zwar teurer, aber auch wesentlich innovativer sind als Ideen, die man im Alleingang gene-
riert (Lilien et al., 2002).
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Title
- L3T
- Subtitle
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Editor
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Publisher
- epubli GmbH
- Location
- Berlin
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 594
- Keywords
- L3T, online
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569