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L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
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381 Der erste Erfolg der Künstlichen Neuronalen Netze war zunächst, ein biologisch plausibles Modell dafür zu liefern, wie Symbole und Regeln gelernt werden können. In gewisser Weise setzen sie eine Ebene tiefer an als der symbolverarbeitende Ansatz: Sie bieten eine Alternative auf der subsymbolischen Ebene an (Smo- lensky, 1998). Konsequenz war aber ein neues Bild von Repräsentation und Eigenschaften kognitiver Sys- teme. Damit erlauben die KNN eine fundamental andere Sichtweise auf Wissen (Peschl 1994; 1997). Zu- nächst ist klar: Das „Wissen im Kopf“ muss strukturell keineswegs identisch mit den in Symbolen und Re- geln beschriebenen Strukturen der Welt sein. Nicht die korrekte Abbildung der Welt ist relevant, sondern das adäquate Ergebnis, also gewissermaßen die Handlung, die in die Struktur der Umwelt passen muss. Als eine Konsequenz der Aufgabe des Konzeptes der Abbildung sind die Inhalte der Repräsentation, im Gegen- satz zu klassischen symbolverarbeitenden Systemen, nicht mehr unmittelbar verständlich; vielmehr bedarf es aufwändiger statistischer Verfahren, um herauszufinden, was so ein Netz eigentlich gelernt hat. Eine weitere interessante Konsequenz der verteilten Repräsentation ist, dass, im Gegensatz zum klassi- schen Ansatz, keine Trennung zwischen Inhalt und Substrat besteht: das Netz ist sein Wissen und dieses Wissen ist in der Architektur verkörpert, zumindest potentiell, denn zumeist handelt es sich bei KNN ja um Computersimulationen (zum Beispiel Clark 1999, 2001). Damit gibt es auch keine leicht voneinander trennbaren Wissensobjekte mehr, vielmehr werden alle dem neuronalen Netzwerk präsentierten Stimuli (zum Beispiel Bilder) von allen Neuronen und allen Gewichten repräsentiert. Die Repräsentation das KNN kann man als einen Raum verstehen, in dem Inputs kategorisiert und dadurch in eine Beziehung (in diesen einfachen Modellen ist es Ähnlichkeit) gesetzt werden. Die Analogien zu Bildungskontexten, insbesondere Frontalsituationen liegen auf der Hand: Die Input- Output-Relation ist dadurch bestimmt, dass Lernende durch Vortrag, Durcharbeiten eines Lernpfades, etc. einen Stoff präsentiert bekommen und in einer Prüfungssituation den gewünschten Output zu liefern haben. Doch Lernen ist kein Kopiervorgang von Wissensobjekten.Was gelehrt wird, muss noch lange nicht das sein, was gelernt wird. Nachdem Lernen in unserem Bildungssystem häufig outputgetrieben ist („Was muss ich tun, um eine gute Note zu bekommen?“), liegt es daher nahe, Prüfungen so anzulegen, dass nicht iso- lierte Fakten abgefragt werden, sondern ein Verständnis der Kategorien und Bezüge des gesamten „Wis- sensraumes“ gefordert ist und eine Deep-Learning-Strategie auf Seiten der Lernenden notwendig wird. Rückwirkend kann der Konnektionismus, der zu seiner Zeit eine Revolution war, als Bindeglied und Über- gangsphase zwischen zwei Paradigmen gesehen werden. Was als „Nebenwirkung“ des Konnektionismus begann, rückte schließlich ins Zentrum des Interesses: Während die klassische Kognitionswissenschaft ver- sucht hatte, die Welt möglichst genau in formalisierten Strukturen abzubilden, rückte durch den Konnektio- nismus die Frage in den Mittelpunkt, wie KNN-Architektur und -Prozesse mit der Struktur und Dynamik der Umwelt (Stimuli) zweckmäßig und dem jeweiligen System angemessen interagieren. Damit war der Weg frei, die zentrale implizite Annahme der klassischen Kognitionswissenschaft in Frage zu stellen: Wie biologisch plausibel ist überhaupt die stillschweigende Annahme, dass Kognition vor allem dafür da ist, abstrakte Symbole und Regeln zu verarbeiten? Der Fokus auf die Interaktion eines verkörperten kognitiven Systems, also eines kognitiven Systems dessen physische Beschaffenheit eine zentrale Rolle für seine Repräsentationsfunktionen spielt, mit seiner physischen Umwelt, erlaubte eine neue, biologischere Sichtweise: Die Aufgabe von Kognition ist es, einem Organismus sinnvolles, das heißt überlebensförderliches Handeln in Raum und Zeit zu ermöglichen. Im Pa- radigma der Embodied Cognition wurde die Koppelung von Kognition, Körper und Welt daher zum zentra- len Thema. Damit änderten sich auch die Modelle und die Perspektive auf Wissen(-srepräsentation). Sie kommen nun vielfach aus dem Bereich der Robotik. Anforderung an ein kognitives System war nun nicht länger, über möglichst viel und präzises Weltwis- sen zu verfügen, um in seiner Umwelt funktionieren zu können, es ging vielmehr darum, zeitgerecht mit Veränderungen der Umwelt adäquat umzugehen, (pro-)aktiv und intentional zu handeln. Schon 1986 postu- lierte Rodney Brooks, man brauche keine Repräsentation und schlug eine Roboterarchitektur vor, die ro- bustes und gleichzeitig flexibles Verhalten hervorbrachte, die sogenannte Subsumption Architecture (Brooks, 1991).
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L3T Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Title
L3T
Subtitle
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Editor
Martin Ebner
Sandra Schön
Publisher
epubli GmbH
Location
Berlin
Date
2013
Language
German
License
CC BY-SA 3.0
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
594
Keywords
L3T, online
Category
Lehrbücher

Table of contents

  1. Einleitung 1
  2. Einführung 11
  3. Von der Kreidetafel zum Tablet 27
  4. Die Geschichte des WWW 39
  5. Hypertext 51
  6. Geschichte des Fernunterrichts 65
  7. Informationssysteme 75
  8. Webtechnologien 89
  9. Multimediale und interaktive Materialien 99
  10. Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
  11. Human-Computer-Interaction 117
  12. Didaktisches Handeln 127
  13. Medienpädagogik 139
  14. Systeme im Einsatz 147
  15. Kommunikation und Moderation 157
  16. Forschungszugänge und -methoden 167
  17. Planung und Organisation 177
  18. Literatur und Information 185
  19. Die „Netzgeneration“ 201
  20. Multimedia und Gedächtnis 209
  21. Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
  22. Prüfen mit Computer und Internet 227
  23. Blogging und Microblogging 239
  24. Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
  25. Educasting 257
  26. Game-Based Learning 267
  27. Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
  28. Offene und partizipative Lernkonzepte 287
  29. Qualitätssicherung im E-Learning 301
  30. Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
  31. Lernen mit Videokonferenzen 319
  32. Simulationen und simulierte Welten 327
  33. Barrierefreiheit 343
  34. Genderforschung 355
  35. Zukunftsforschung 363
  36. Kognitionswissenschaft 373
  37. Diversität und Spaltung 387
  38. Lern-Service-Engineering 397
  39. Medientheorien 405
  40. Das Gesammelte interpretieren 413
  41. Wissensmanagement 421
  42. Sieht gut aus 427
  43. Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
  44. Interessen und Kompetenzen fördern 445
  45. Spielend Lernen im Kindergarten 455
  46. Technologieeinsatz in der Schule 465
  47. Technologie in der Hochschullehre 475
  48. Fernstudium an Hochschulen 483
  49. Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
  50. E-Learning in Organisationen 497
  51. Erwachsenen- und Weiterbildung 507
  52. Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
  53. Sozialarbeit 525
  54. Human- und Tiermedizin 531
  55. Online-Labore 539
  56. Mehr als eine Rechenmaschine 547
  57. Bildungstechnologien im Sport 557
  58. Fremdsprachen im Schulunterricht 569
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