Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Lehrbücher
L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Page - 410 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 410 - in L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien

Image of the Page - 410 -

Image of the Page - 410 - in L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien

Text of the Page - 410 -

410 George Landow, Professor für englische Literatur und Kunstgeschichte an der Brown University, ist vie- len seiner Fachkollegen hauptsächlich als Experte für das viktorianische Zeitalter bekannt. Seine Begeiste- rung für Hypertexte begann mit dem Online-Kurs „The Victorian Web“, eine frei zugängliche Lernressour- ce, die inzwischen über 40.000 Dokumente umfasst. In seinen Arbeiten zu Hypertext und Hypermedia be- fasst er sich mit erkenntnistheoretischen Fragen, die mit dem Wandel von geschlossenen Autorensystemen zu offenen, hypertextuellen Systemen einhergehen (Landow, 2006). Brenda Laurel erweiterte in den 1990er Jahren unser Verständnis für das Medium Computer durch Rückgriff auf die Aristotelische Dramentheorie. Ihre Dissertation prägte das Bild des „Computers als Büh- ne“. Diese Metapher lenkt das Augenmerk weg von den Programmroutinen des Computers hin auf die Handlung am Bildschirm aus der Perspektive der Benutzerinnen und Benutzer. In Laurels Theatermetapher entspricht die grafische Benutzer/innen-Schnittstelle einer ‚Bühne’, auf der sich die Handlung vollzieht. Die Technologie, die die Aufführung ermöglicht, ist selbst gar nicht sichtbar, sondern – wie im Theater – ‚hinter den Kulissen’ tätig. Wenn Personen mit einer Software (inter-)agieren, spielt sich eine Handlung ab, bei der der Computer selbst als kommunikatives Gegenüber wahrgenommen wird. Aus Sicht der Benutze- rinnen und Benutzer agiert das jeweilige Programm, was sich in Aussagen wie „Ich hab gar nichts gemacht, er hat sich einfach ausgeschaltet“ oder „Word hat einen Fehler gefunden“ widerspiegelt. (#ant) Eine Aufga- be des Interfacedesigns liegt darin, schlüssige Charaktere zu schaffen: „Computer-based agents, like drama- tic characters, do not have to think [...]; they simply have to provide a representation from which thought may be inferred“ (Laurel, 1993, 57). Bei der Gestaltung von Lerntechnologien können narrative Ansätze und dramaturgische Inszenierungen die Interaktion mit der Lernumgebung authentischer, einfacher und an- genehmer machen. Mit der Inszenierung digitaler Welten und ihrem narrativen Potenzial hat sich in der Publikation „Ham- let on the Holodeck“ (1997) Janet Murray befasst. Sie identifiziert vier grundsätzliche Eigenschaften digita- ler Medien – Prozeduralität, Partizipation, Räumlichkeit, Enzyklopädik – , aus denen sie drei spezifische Erlebnisqualitäten virtueller Umgebungen ableitet. Durch seine Prozeduralität ist ein Computer in der Lage, Prozesse nicht nur abzubilden, sondern tatsächlich ablaufen zu lassen. Inhalte in einem digitalen Medium können deswegen inhärent dynamisch sein, während traditionelle Medien ausschließlich statische Inhalte verbreiten können. Die zweite Eigenschaft sind Partizipationsmöglichkeiten in digitalen Umgebungen. Computeranwendungen erzeugen Interesse, weil ihre Aktionen potenziell beeinflussbar sind und die Nutze- rinnen und Nutzer in ablaufende Prozesse eingreifen können. Als dritte Eigenschaft von digitalen Umge- bungen führt Murray die Räumlichkeit an – digitale Medien bilden „Räume“ und „Umgebungen“, in denen wir uns orientieren können. Murrays vierte Eigenschaft, die Enzyklopädik, zielt auf die Effizienz der Digi- taltechnologie ab, für einen Menschen unübersehbare Mengen an Daten zu speichern, zu verarbeiten und auch zu präsentieren. Aus diesen Eigenschaften folgert Murray drei „pleasures“, also „Genüsse“ oder „Annehmlichkeiten“. Sie beginnt mit der Immersion, also dem Gefühl des „Eintauchens in eine andere Welt“. Wenn die Hand- lungen, die eine Person innerhalb einer digitalen Umgebung vollzieht, wahrnehmbare Folgen und Ergebnis- se haben, dann erlebt die nutzende Person nach Murray den zweiten charakteristischen Genuss digitaler Umgebungen: die sogenannte Agency. Der Begriff beschreibt den Grad, mit dem Dinge nach dem Willen der Benutzerinnen und Benutzer innerhalb einer Umgebung gestaltbar sind. Die dritte von Murray identifi- zierte Qualität digitaler Umgebungen ist die Transformation. So ist es in einer digitalen Umgebung mög- lich, einen anderen Charakter anzunehmen und Facetten der eigenen Person weitgehend risikofrei zu explo- rieren. Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, Computer und Internet seien eigentlich nur Distributions- kanäle für die traditionellen Medienformen Print, Audio und Video – es ist also nichts Neues, sondern „al- ter Wein in neuen Schläuchen“, ein Vorwurf, dem sich die E-Learning-Didaktik mehrfach ausgesetzt sieht. Der Germanist und Fachdidaktiker Bernd Switalla (2001) hat in seinen Arbeiten wiederholt erläutert, worin sich die Lektüre zwischen zwei Buchdeckeln von der Navigation im Internet unterscheidet und was daraus für die Produzenten von Lernmedien folgt. Schon lange bevor Hypertexttechnologien erfunden waren, wur- den Texte geschrieben, die eine non-lineare Lektüre nahelegten. Dazu zählen Arno Schmitts „Zettels Traum“, Wittgensteins „Philosophische Untersuchungen“ und Lichtenbergs „Sudelbuch“. Nichtsdestotrotz macht es einen großen Unterschied, ob wir auf dem Bildschirm lesen oder auf dem Papier. Der französische Historiker Roger Chartier bezeichnet dies als die „Materialität“ des Textes (Chartier & Cavallo, 1999). Des Weiteren bewegen wir uns in Hypertexten in einem Verweisraum, den ein anderer über den Text gelegt hat und welcher entsprechend assoziative Verknüpfungen der Autorinnen und Autoren widerspiegelt, die den eigenen Ansprüchen und Erwartungen als Lesende oder „Nutzer/innen“ unter Umständen zuwiderlaufen. Auch wenn eine Gestalterin oder ein Gestalter nicht mitteilt oder vielleicht selbst gar nicht ausdrücken kann, worin der Sinn eines Hyperlinks besteht, so wird doch von den Lesenden erwartet, dass sie spüren oder verstehen, auf welchen Pfaden der Hypertext sinnvoll zu erschließen sei.
back to the  book L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien"
L3T Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Title
L3T
Subtitle
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Editor
Martin Ebner
Sandra Schön
Publisher
epubli GmbH
Location
Berlin
Date
2013
Language
German
License
CC BY-SA 3.0
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
594
Keywords
L3T, online
Category
Lehrbücher

Table of contents

  1. Einleitung 1
  2. Einführung 11
  3. Von der Kreidetafel zum Tablet 27
  4. Die Geschichte des WWW 39
  5. Hypertext 51
  6. Geschichte des Fernunterrichts 65
  7. Informationssysteme 75
  8. Webtechnologien 89
  9. Multimediale und interaktive Materialien 99
  10. Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
  11. Human-Computer-Interaction 117
  12. Didaktisches Handeln 127
  13. Medienpädagogik 139
  14. Systeme im Einsatz 147
  15. Kommunikation und Moderation 157
  16. Forschungszugänge und -methoden 167
  17. Planung und Organisation 177
  18. Literatur und Information 185
  19. Die „Netzgeneration“ 201
  20. Multimedia und Gedächtnis 209
  21. Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
  22. Prüfen mit Computer und Internet 227
  23. Blogging und Microblogging 239
  24. Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
  25. Educasting 257
  26. Game-Based Learning 267
  27. Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
  28. Offene und partizipative Lernkonzepte 287
  29. Qualitätssicherung im E-Learning 301
  30. Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
  31. Lernen mit Videokonferenzen 319
  32. Simulationen und simulierte Welten 327
  33. Barrierefreiheit 343
  34. Genderforschung 355
  35. Zukunftsforschung 363
  36. Kognitionswissenschaft 373
  37. Diversität und Spaltung 387
  38. Lern-Service-Engineering 397
  39. Medientheorien 405
  40. Das Gesammelte interpretieren 413
  41. Wissensmanagement 421
  42. Sieht gut aus 427
  43. Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
  44. Interessen und Kompetenzen fördern 445
  45. Spielend Lernen im Kindergarten 455
  46. Technologieeinsatz in der Schule 465
  47. Technologie in der Hochschullehre 475
  48. Fernstudium an Hochschulen 483
  49. Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
  50. E-Learning in Organisationen 497
  51. Erwachsenen- und Weiterbildung 507
  52. Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
  53. Sozialarbeit 525
  54. Human- und Tiermedizin 531
  55. Online-Labore 539
  56. Mehr als eine Rechenmaschine 547
  57. Bildungstechnologien im Sport 557
  58. Fremdsprachen im Schulunterricht 569
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
L3T