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Lern- und Lehrprozesse sollen erfolgreich sein. Dies gilt auch in Bezug auf das Lernen und Lehren mit
Technologien. Erfolgreich bedeutet, Lern- und Lehrprozesse sollen wirksam (effektiv), jeweils für sich in
einem angemessenen Verhältnis von Aufwand und Ertrag stehend (effizient) sowie angenehm zu nutzen
(zufriedenstellend) sein. (Näheres zum Begriff der „Learning Usability“ beispielsweise online unter http://
www.learningusability.ch). Dieses Dreigestirn aus Effektivität, Effizienz und Zufriedenheit ist dabei von
unterschiedlichen Faktoren abhängig - beim Lernen und Lehren mit Technologien unter anderem auch von
der Ausgestaltung der Technologie selber. Technologische Lern- und Lehranwendungen wie Software, On-
line-Plattformen oder Applikationen für mobile Endgeräte (sogenannte Apps, beispielsweise für Tablets)
und die über sie dargebotenen Inhalte sind folglich so auszugestalten, dass sie das Lernen und Lehren ent-
sprechend begünstigen.
Die Nutzung technologischer Lern- und Lehranwendungen geschieht in der Regel vor allem über grafi-
sche Benutzer/innen-Oberflächen, also über Bildschirme. Die visuelle Gestaltung der Anwendungs-Ober-
fläche ist dabei von großer Bedeutung. Bestimmt haben Sie auch schon einmal die Erfahrung gemacht, bei
der Arbeit mit einer neuen Software mehr Zeit für die reine Handhabung der Software als für die eigentli-
che Arbeit damit aufwenden zu müssen. Eine visuell ansprechende, intuitiv verständliche Benutzer/innen-
Oberfläche kann dem entgegenwirken. Neben der Gestaltung der Benutzer/innen-Oberfläche ist die visuelle
Aufbereitung der damit dargebotenen Inhalte (beispielsweise der Lernmaterialien) von großer Bedeutung.
Probieren Sie doch einmal Folgendes aus: Lesen Sie am Computer einen kurzen Text mit hellblauer Schrift,
zuerst auf weißem und dann auf blauem Hintergrund. Wie liest es sich angenehmer?
Technologien sollen wie gesagt Lern- und Lehrprozesse unterstützen und nicht beeinträchtigen. For-
schungserkenntnisse unter anderem aus der Wahrnehmungspsychologie können dabei helfen, Benutzer/in-
nen-Oberflächen von technologischen Lern- und Lehranwendungen sowie die damit dargebotenen Inhalte
visuell derart zu gestalten, dass sie bestmöglich dem menschlichen Sehen entsprechen und somit dem Ler-
nen (auch auf unbewusster Ebene) dienlich sind. Dabei ist aber zu beachten, dass nicht jedes Lernthema so-
wie jeder Lerninhalt für jede Lerntechnologie oder jedes Medium gleichermaßen geeignet ist.
Im Folgenden werden zunächst wesentliche Grundlagen der visuellen Wahrnehmung aufgezeigt. Hier-
durch soll ein Grundverständnis für unser Sehen und dessen Bedeutung in Bezug auf das Lernen und Leh-
ren mit Technologien geschaffen werden.
Unsere Sinnesorgane bilden gewissermaßen das Tor zu unserer Umwelt. Über diese Schnittstellen nehmen
wir Informationen unserer Umgebung auf, welche wiederum die Grundlage für ein angemessenes Agieren
und Handeln in einer Situation sind. Diese Informationen treffen dabei als physikalische Reize auf unsere
Sinnesorgane, werden in einem komplexen Prozess über mehrere Stufen hinweg verarbeitet und münden
schließlich in unserem subjektiven Erleben der Umwelt. Diesen Wahrnehmungsprozess zu verstehen, ist
das Ziel der Wahrnehmungspsychologie (Goldstein, 2008, 8).
Wir befassen uns hier ausschließlich mit visueller Wahrnehmung. Am Beispiel der Betrachtung eines
Apfels wird kurz die Funktionsweise des Auges erklärt (Abbildung 1): Lichtstrahlen treffen auf den Apfel,
werden dort reflektiert und fallen hierbei als physikalische Reize durch die Linse des Auges hindurch auf
die Netzhaut. Auf ihr entsteht dadurch ein Abbild des Apfels. Die von außen eintreffenden physikalischen
Reize werden von auf der Netzhaut befindlichen Fotorezeptoren in elektrische Signale umgewandelt. Diese
Signale gelangen nun über Nervenbahnen ins Gehirn. Die Verarbeitung der Informationen geschieht dabei
äußerst rasch (Goldstein, 2008).
Unser Sehvermögen vermittelt uns, dass wir alles in unserem Blickfeld lückenlos wahrnehmen. Tatsäch-
lich ist die visuelle Wahrnehmung aber staccatoartig und ein ständiges Wechselspiel zwischen kurzen Ver-
weilzeiten auf Objekten unseres Interesses (Fixationen) und Sprüngen zu neuen Umweltreizen (Sakkaden).
Diese Strategie ist notwendig, da der Umfang der einwirkenden visuellen Umweltreize enorm ist und es oh-
ne diesen Selektionsprozess zu einer kognitiven Überlastung des Gehirns kommen würde. Außerdem kön-
nen lediglich zwei Grad unseres visuellen Sehfeldes scharf wahrgenommen werden. Dies können Sie in ei-
nem kleinen Experiment selber erforschen: Wenn Sie Ihren Arm ausstrecken und Ihren Daumen betrachten,
dann ist ungefähr die Dicke Ihres Daumens scharf, der Rest Ihres Sichtfeldes wirkt unscharf (Duchowski,
2007).
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Title
- L3T
- Subtitle
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Editor
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Publisher
- epubli GmbH
- Location
- Berlin
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 594
- Keywords
- L3T, online
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569