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„In der Fachliteratur wird Erwachsenenbildung häufig synonym mit dem Begriff der Weiterbildung ver-
wendet und versteht die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer un-
terschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase.“ (Fuchs & Reuter, 2000, 125)
Von Weiterbildung kann insbesondere dann gesprochen werden, wenn eine Erstausbildung abgeschlos-
sen ist und bereits eine Phase der Berufstätigkeit vorliegt, während Erwachsenenbildung den Bogen weiter
spannt und auch Bildungswege einschließt, denen keine erste Bildungsphase vorangeht (beispielsweise die
Basisbildung und Alphabetisierung von Erwachsenen). Aus diesem allgemeinen Begriffsverständnis geht
hervor, dass die Erwachsenen- und Weiterbildung eine sehr bedeutende Form der persönlichen Qualifizie-
rung im lebenslangen Lernprozess eines Menschen darstellt. Sie kann sehr unterschiedliche Bildungsberei-
che wie die allgemeine (persönliche), betriebliche (berufliche) oder die politische (gesellschaftliche) Bil-
dung umfassen. Erwachsenen- und Weiterbildung versteht sich nicht nur als Ergebnis ausschließlich forma-
ler oder non-formaler Aus- und Weiterbildungsprogramme, sondern als Resultat unterschiedlicher Lernpro-
zesse sowie der Nutzung verschiedenartiger – auch informeller – Wissenskanäle und Medienangebote.
In engem Zusammenhang mit der Erwachsenen- und Weiterbildung ist auch der Begriff des selbstge-
steuerten Lernens zu sehen, welcher — bildungspolitischen Diskussionen Ende der 1960er-Jahre folgend
— insbesondere für die moderne Erwachsenenbildung Relevanz hat (Neubert et al., 2001).
Selbstgesteuertes Lernen versteht die einzelne Person nicht als passive Rezipientin im Lernprozess, son-
dern nimmt sie als jemanden wahr, der bereits eine Lernbiographie und individuelle Lernstrategien mit-
bringt. Lernen wird als aktiver Prozess verstanden, bei dem Lernende ihr Wissen selbst konstruieren und
nicht bloß instruiert werden.“ (Neubert et al., 2001)
Dabei geht es vor allem darum, sich basierend auf dem bisherigen Wissensstand kontinuierlich neues
Wissen im jeweiligen beruflichen, privaten oder gesellschaftlichen Kontext selbstgesteuert anzueignen (Ku-
wan, 2006). Es liegt nahe, die Möglichkeiten digitaler Medien für diese Lernprozesse zu nutzen.
Malcolm Knowles, der die Andragogik (die Wissenschaft der Bildung Erwachsener) insbesondere in den
USA deutlich prägte, erkannte bereits Ende der 1980er Jahre, dass sich die Computertechnologien im 21.
Jahrhundert zu einer Kraft entwickeln würden, die das Lernen Erwachsener entscheidend beeinflusst
(Knowles et al., 2007). Aktuelle Entwicklungen am Bildungsmarkt bestätigen diese Annahme: Das Internet
bietet immer bessere Zugänge zu Sozialen Netzwerken und Online Communities wie etwa Xing, Google+
oder Facebook beziehungsweise zu Wiki-Systemen und offenen Wissensressourcen im Internet wie bei-
spielsweise Wikipedia. Auch die vielseitigen multimedialen Interaktions- und Kollaborationsmöglichkeiten,
wie sie etwa Applikationen für Smartphones oder Tablets für das Lernen bieten, oder moderne Cloud-Lö-
sungen und BYOD-Konzepte (engl. ‚Bring-Your-Own-Device‘, BYOD) integrieren die Wissensgenerierung
und Mediennutzung in einer ganz neuen und selbstverständlichen Form in den privaten und beruflichen
Alltag. Man könnte daraus schließen, dass eine mediale Durchdringung der Erwachsenen- und Weiterbil-
dung aufgrund dieser neu gewonnenen Flexibilität heute bereits selbstverständlich wäre.
Bei kritischer Betrachtung des Bildungsangebots ist jedoch festzustellen, dass die Möglichkeiten des
E-Learning beziehungsweise des Blended-Learning die Weiterbildungspraxis bis heute noch nicht flächen-
deckend erreicht hat. Dies lässt sich durch unterschiedliche Faktoren erklären:
Erstens können rein computerbasierte Szenarien die Interaktion der Lehrenden und Lernenden von
Angesicht zu Angesicht nicht ersetzen. Selbst bei einer routinierten Nutzung digitaler Kommunikati-
onskanäle erreicht die Beziehung der Lernenden untereinander und die Beziehung zu den Lehrenden
keine vergleichbare Qualität wie im Rahmen einer Präsenzveranstaltung. Blended-Learning-Kon-
zepte könnten hier allerdings einen Königsweg zur Verbindung der Vorteile traditioneller und com-
putergestützter Lernszenarien bilden (Schmidt, 2004, siehe Kapitel #einfuehrung).
Zweitens gibt es allgemein — selbst unter den eher medienaffinen jüngeren Erwachsenen — Vorbe-
halte gegenüber computergestützten Lernangeboten, die nicht einfach übergangen werden können
(Barz & Tippelt, 2004). Der sichere Umgang mit dem Medium und die Einsicht in deren Mehrwert
im Hinblick auf den eigenen Lernprozess sind hier wesentliche Voraussetzung für die Bereitschaft,
sich auf technologiegestützte Lernumgebungen einzulassen.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Title
- L3T
- Subtitle
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Editor
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Publisher
- epubli GmbH
- Location
- Berlin
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 594
- Keywords
- L3T, online
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569