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Drittens setzt ein sinnvoller Technologieeinsatz in Lernszenarien ein hohes Maß an Medienkompe-
tenz auf Seiten der Lehrenden beziehungsweise Kursleiter/innen voraus. Die heterogenen Vorausset-
zungen, die Lernende in Erwachsenenbildungsangeboten mitbringen, spiegeln sich auch in unter-
schiedlichen medialen Nutzungsmustern und Medienkompetenz wieder. Die Differenzen erklären
sich unter anderem durch generationsbezogene Medienerfahrungen, bildungsbezogene Mediennut-
zungsmuster (MPFS, 2012) und milieuspezifische Interessen (Barz & Tippelt, 2004). Medienkom-
petenz meint dabei nicht nur die Befähigung, mediale Anwendungen effektiv für Lernprozesse ein-
zusetzen, sondern auch die Fähigkeit, medial präsentierte Inhalte kritisch auf ihre Zuverlässigkeit
und Belastbarkeit zu prüfen (Baacke, 1996). In der Erwachsenenbildung, die als der am wenigsten
professionalisierte Bildungsbereich angesehen werden muss, kann von diesen Kompetenzen auf Sei-
ten der oft nebenberuflich oder ehrenamtlich tätigen Dozentinnen und Dozenten keineswegs gene-
rell ausgegangen werden.
Auf die beiden letztgenannten Punkte wird im Folgenden genauer eingegangen. Betrachtet man die typi-
schen Nutzer/innen technologiegestützter Angebote in der Erwachsenenbildung, so kristallisiert sich – auf
der Grundlage eigener Auswertungen zu den Analysen des deutschen AES (von Rosenbladt & Bilger,
2010) – das Bild eines jungen, überdurchschnittlich gebildeten und technikaffinen Klientels heraus. Die
Entwicklung von unterschiedlichen Mediennutzungskulturen zeichnet sich bereits im Jugendalter ab und ist
vom individuellen Bildungsstand abhängig (MPFS, 2012). Allerdings gehören digitale Medien und Internet
inzwischen auch in der Gruppe der Hauptschüler/innen zum medialen Alltag, sodass zumindest von einem
angstfreien Umgang mit digitalen Medien bei jungen Menschen aller Bildungsgruppen ausgegangen wer-
den kann (MPFS, 2012, 31). Die Grenze zwischen routinierten Nutzern bzw. Nutzerinnen moderner Kom-
munikationstechnologien und digitalen Laien scheint hingegen eher zwischen Altersgruppen beziehungs-
weise Generationen zu verlaufen. Zumindest unter den über 50-Jährigen gibt es heute noch einen relativ
großen Anteil an Nicht-Nutzern bzw. -Nutzerinnen von Computer und Internet (Initiative D21, 2013, Tabel-
le 1). Ältere sind zum Teil unsicherer im Umgang mit modernen Medien oder stehen diesen zumindest
nicht unkritisch gegenüber und bedürfen daher spezifischer didaktischer Szenarien, wenn es um die Heran-
führung an technologiegestützte Lernformen geht. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Lernenden vor-
wiegend auf traditionelle Lernbiografien zurückblicken. Die ansonsten hohe Offenheit gegenüber genera-
tionenübergreifenden Bildungsangeboten weicht hier bei vielen Älteren einem Gefühl der Unterlegenheit
gegenüber technikaffinen Jüngeren und dem Wunsch nach altershomogenen Kursen (Schmidt et al., 2009).
Jedoch ist auch bei jüngeren Gruppen die alltägliche Nutzung von Computer und Internet nicht gleichzuset-
zen mit einem hohen Maß an Offenheit und Eignung für den Medieneinsatz in Lehr- und Lernsituationen
(Schulmeister, 2008).
Hier spielen unter anderem milieuspezifische Lerngewohnheiten und Bildungsinteressen eine Rolle.
Das Milieu der ‚modernen Performer‘ gilt in der Medienforschung als guter Indikator für zukünftige Ent-
wicklungen im Mediennutzungsverhalten breiter Bevölkerungsschichten. Auch in Studien zum Weiterbil-
dungsverhalten in sozialen Milieus haben sich diese Vertreter/innen der jungen Avantgarde als besonders
aufgeschlossen gegenüber technologiegestützten Lernarrangements gezeigt, allerdings keineswegs als ein-
ziges Milieu. Auch andere moderne Milieus, wie die an neuen didaktischen Szenarien interessierten Experi-
mentalisten, die freizeitorientierten Hedonisten oder die häufig ökologisch und sozial engagierten Postma-
teriellen sind gegenüber virtuellen Lernumgebungen überdurchschnittlich aufgeschlossen (Barz & Tippelt,
2004).
Zur Medienkompetenz von den in der Erwachsenenbildung Tätigen gibt es bislang wenig empirisches Ma-
terial. Die vorliegenden Studien verweisen allerdings darauf, dass diese nicht als vorrangiges Thema ange-
sehen wird. Zumindest zeigen diese Studien, dass medienbezogene Fortbildungen für das pädagogische
Personal weder bei den Betroffenen selbst, noch bei deren Vorgesetzten besondere Priorität genießen (von
Hippel & Tippelt, 2009). Der professionelle Einsatz von Technologien in Lernarrangements erfordert Medi-
enkompetenz und bringt auch ein verändertes Verhältnis von Lehrenden und Lernenden mit sich. In der Er-
wachsenenbildung wird – ähnlich wie in der Hochschuldidaktik bereits seit längerem (Schmidt, 2004) – ein
Paradigmenwechsel hin zu einer stärker an den Lernenden orientierten Gestaltung von Lehr-/Lernarrange-
ments diskutiert (Freynet, 2008), wobei die Lehrenden zunehmend die Rolle von Lernbegleitenden und
Moderatorinnen bzw.
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Title
- L3T
- Subtitle
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Editor
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Publisher
- epubli GmbH
- Location
- Berlin
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 594
- Keywords
- L3T, online
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569