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Mobile Computertechnologien eröffnen die Möglichkeit zu ortsbezogenen Aktivitäten an außerschulischen
Lernorten oder in der Natur. Der Einsatz von Geoinformationssystemen (zum Beispiel unter Nutzung von
GPS) ermöglicht beispielsweise Lern- und Arbeitsformen zum eigenständigen und selbstgesteuerten Entde-
cken von Lebensräumen, bei denen der/die Lernende entweder an interessanten Stellen relevante Informa-
tionen abrufen kann oder mit deren Hilfe auch motivierende Lern-Spielformen realisiert werden können
(ausführlich in Lude et al., 2013; Schaal, 2013).
Mit Hilfe von Tabellenkalkulationsprogrammen oder Statistiksoftware können Daten aus naturwissen-
schaftlichen Experimenten einfach aufgenommen und beispielsweise durch Diagramme visualisiert wer-
den. Darüber hinaus bieten die Interaktivität und Dynamik computerbasierter Repräsentationen den Lernen-
den die Möglichkeit, Veränderungen zu sehen und nachzuvollziehen, die sie sich aus eigener Kraft
nicht ohne externe Hilfsmittel vorstellen können (Supplantation; Salomon, 1994). So können zum Beispiel
abstrakte Repräsentationen wie Funktionsgraphen dynamisch mit den repräsentierten Sachverhalten als
multiple externe Repräsentationen verknüpft werden (Ainsworth, 1999; Vogel, 2006). Durch die externe
Repräsentation dynamischer Beziehungen können die Lernenden direkt sehen, was vorstellbar ist. Nimmt
man diese Unterstützung sukzessive zurück (engl. ‚fading out‘), dann sollten die Lernenden zunehmend in
der Lage sein, sich die dynamischen Beziehungen selbst vorstellen zu können. Dynamische Animationen
können somit den Aufbau dynamischer mentaler Modelle unterstützen.
Naturwissenschaftliche Modellbildung entzieht sich häufig der unmittelbaren Wahrnehmung, ebenso
wie das Verständnis von komplexen Zusammenhängen in natürlichen Systemen. Viele Merkmale von Lebe-
wesen erschließen sich nicht durch deren äußere Betrachtung. Computergestützte Technologien lassen es
zu, grundlegende naturwissenschaftliche Inhalte so aufzubereiten und darzustellen, dass Lernende bei der
Konstruktion von tragfähigem Wissen und mentalen Modellen unterstützt werden können. In geeigneten in-
teraktiven Bildern können beispielsweise weiterführende Informationen enthalten sein, die bei Bedarf abge-
rufen werden. Animationen unterstützen die Lernenden auf dem Weg von der unmittelbaren Wahrnehmung
hin zum Modell, und zeitlich beziehungsweise räumlich ausgedehnte Prozesse lassen sich leicht darstellen.
Gegenüber traditionellen Medien wie Buch oder Film ist der entscheidende Vorteil computergestützter
Technologien, dass die Visualisierungen dynamisiert werden können und Lernende durch vielfältige Inter-
aktionsmöglichkeiten stets aktiv-regulierend in den Darstellungsprozess eingreifen und ihre individuellen
Lernprozesse steuern können.
Seit den frühen 1990er Jahren halten Computertechnologien als riesige Informationsspeicher Einzug in die
Gestaltung von Lehr- und Lernumgebungen. Die effiziente und kritische Nutzung dieser Wissensressourcen
in formalen aber auch informellen Bildungsprozessen will erlernt sein, insbesondere wenn auf Quellen aus
dem Internet zurückgegriffen wird oder wenn individuelles und kollektives Wissen interagieren (Kimmerle
et al., 2010). Aber auch lokale digitale Nachschlagewerke bieten gegenüber traditionellen Lexika in Buch-
form vielfältige Vorteile. Insbesondere im naturwissenschaftlichen Unterricht können die Lernenden im In-
ternet oder in digitalen Enzyklopädien nach Medien wie Texten, Bildern und Filmen zu bestimmten The-
men suchen und die gefundenen Informationen zusammentragen, zusammenfassen und bewerten (siehe
Kapitel #literatur).
Bei der Planung und Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen in den naturwissenschaftlichen Disziplinen
ist die Berücksichtigung vorhandener Vorstellungen und des inhaltsbezogenen Vorwissens der Lernenden
mitentscheidend für den Lernerfolg (Duit, 2003; Duit, 2008; Müller et al., 2004). Aber auch die kognitive
Strukturierung eines Wissensbereichs ist für die Abrufbarkeit in Anwendungssituationen von entscheiden-
der Bedeutung (Beisser et al., 1994). In beiden Fällen können computergestützte Strukturierungshilfen ge-
nutzt werden. Digitale Mind-Maps und Concept-Maps bilden Wissen ab und können bei der kooperativen
Wissensstrukturierung ohne Weiteres flexibel verändert werden. Die unmittelbare Verknüpfung neuer Wis-
senseinheiten mit bestehenden Strukturen fördert die Anbindung an das thematische Vorwissen (Chen &
McGrath, 2003). Digitale Concept-Maps ermöglichen es einerseits, Begriffe und Relationen (im Vergleich
zu traditionellen papiergestützten Verfahren) flexibel zu strukturieren und in der Komplexität dem eigenen
Expertisegrad anzupassen. Andererseits kann konzeptuelles Wissen durch die Verknüpfung mit vertiefen-
den Inhalten (zum Beispiel weiteres Bild- und Textmaterial, Animationen, Hyperlinks, etc.) erweitert wer-
den (‚concept knowledge‘ und ‚content knowledge‘; Tergan et al., 2006).
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Title
- L3T
- Subtitle
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Editor
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Publisher
- epubli GmbH
- Location
- Berlin
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 594
- Keywords
- L3T, online
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569