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Der Medieneinsatz im Sport hat eine vergleichsweise lange Tradition. Auf der einen Seite stellte die Dyna-
mik sportlicher Bewegung ein idealtypisches Anwendungsfeld für die, in der zweiten Hälfte des vorletzten
Jahrhunderts aufkommende, Chronofotografie und später Kinematographie dar. Auf der anderen Seite wur-
de rasch die Bedeutung dieser Bewegungsaufzeichnungen für das Erlernen und Optimieren sportlicher Be-
wegungen erkannt. Während Bewegtbilder auf Grund der damit damals verbundenen Aufwände allerdings
zunächst kaum eine Bedeutung für die sportpraktische Ausbildung hatten, etablierte sich bereits zu Beginn
des letzten Jahrhunderts die Nutzung von grafischen Schaubildern einzelner Bewegungsphasen für Vermitt-
lungsprozesse im Sport (Schröder, 2012, 33). Ab Ende der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde vor
allem in der Schweiz intensiv mit dem Medium „Lehrfilm“ experimentiert (zum Beispiel Wüthrich, 2004),
das im Zuge der technologischen Weiterentwicklung mit Einführung der Videografie in den 70er Jahren zu
einem dominanten Lern- und Lehrmedium wurde. Diese Dominanz steigerte sich noch in Verbindung mit
der Digitalisierung: Animierte Bewegungsabläufe in Form von aneinandergereihten Einzelbildern (soge-
nannte Gif-Animationen) sowie Videoaufzeichnungen von Teilbewegungen und Bewegungssequenzen
wurden zum bestimmenden Content sowohl auf Online-Plattformen (zum Beispiel www.sportpaedagogik-
online.de) als auch auf Datenträgern (sogenannten ‚Lern-CDs‘). Während hier zunächst die Orientierung an
idealtypischen Bewegungsfertigkeiten im Zentrum eines unterrichtsmethodischen Zugangs stand (und
steht), wurde später auch die ‚Werkzeugfunktion‘ der digitalen Aufzeichnungen von Bewegungsabläufen
erschlossen, indem die Auseinandersetzung mit der eigenen und/oder fremden Bewegung über die eigenak-
tive Produktion angeregt werden sollte (Hebbel-Seeger, 2010, 34). Anders als für die Vermittlung theoreti-
scher Inhalte, beispielsweise bezüglich der Biomechanik des Sports oder der Physiologie, spielt für die Ver-
mittlung sportpraktischer oder taktischer Inhalte die Nutzung von interaktiven Anwendungen und Simula-
tionen bisher kaum eine Rolle, was vor allem mit den hohen Aufwänden für Entwicklung und Pflege sol-
cher Anwendungen begründet werden kann.
Medien wurden und werden in sportlichen Lehr-/Lernprozessen genutzt. Dennoch finden sich im
deutsch- und englischsprachigen Raum vergleichsweise wenige Lehrbücher, die sich explizit des Medien-
einsatzes annehmen (zum Beispiel Kirsch, 1984, das sich aufgrund seines Alters allerdings nicht mit digita-
len Medien beschäftigt; Castelli & Fiorentino, 2008; Mitchel et al., 2004; Mitchel & McKethan, 2003;
Mohnsen, 2012; Sanders & Witherspoon, 2012 und andere). Viele der einschlägigen deutsch- (Balz &
Kuhlmann, 2006; Bräutigam, 2006; Größing, 2007; Prohl, 2010) und englischsprachigen Lehrbücher zur
Sportpädagogik (Graham et al., 2007; Kirk et al., 2006; Lumpkin, 2007; Siedentop, 2008) thematisieren die
Nutzung digitaler Medien kaum oder gar nicht. Lediglich in Lange & Sinning (2007) findet sich ein „Medi-
enkapitel“ von Danisch & Friedrich (S. 319-329). Breiteren Raum nimmt die Thematik des Medieneinsat-
zes im Sportunterricht erst in jüngsten Lehrbuchauflagen im englischsprachigen Raum ein (zum Beispiel
Ciccomascolo & Sullivan, 2013; Rink, 2013).
Im Literaturüberblick lassen sich insgesamt die Bereiche Trainerausbildung (I), Hochschule/Universität
(II), Sportlehrerausbildung (III), Sportunterricht (IV) und Sportwissenschaft (V) identifizieren, in denen ein
digitaler Medieneinsatz vornehmlich a) theoretisch diskutiert, b) anhand eines Praxisbeispiels veranschau-
licht oder c) empirisch erforscht wird.
I) Im Bereich der Trainerausbildung dominieren Blended Learning-Konzepte. Hebbel-Seeger (2003),
Leser et al. (2008), Stewart (2006) sowie Vohle (2009; 2010; 2011) präsentieren Konzepte, die On-
line-Tools und -umgebungen in die klassische Präsenzausbildung integrieren beziehungsweise zu Blended
Learning-Szenarien erweitern, wobei lediglich Vohle (positive) empirische Evaluationsergebnisse liefern
kann. Eine Studie von Reinmann et al. (2010) gibt einen Überblick zum Einsatz digitaler Medien in deut-
schen Sportverbänden beziehungsweise in der Traineraus- und -fortbildung.
II) Im Bereich der Hochschule/Universität finden sich neben Erfahrungsberichten (Bennett & Green,
2001; Nichols & Levy, 2009) und Praxisbeispielen von Lernplattformen sowie ICT im Allgemeinen (Da-
nisch, 2007; Danisch et al., 2007; Hebbel-Seeger, 2005; Hebbel-Seeger & Koch, 2002, 2003; Sturm, 2008)
empirische Akzeptanz- und Einschätzungsstudien (Danisch, 2007; Rank, 2004; Papastergiou, 2010; Wie-
meyer & Hansen, 2010). Akzeptanz und Bedeutung digitaler Medien im Hochschulstudium werden über-
wiegend positiv eingeschätzt. Hebbel-Seeger (2008; 2009a) konnte zudem einen positiven Transfereffekt
vom digitalen Lernspiel auf die sportliche Praxis nachweisen. Neuere Transferstudien zeichnen hingegen
ein uneinheitliches Bild (Hebbel-Seeger, 2013a).
L3T
Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Title
- L3T
- Subtitle
- Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
- Editor
- Martin Ebner
- Sandra Schön
- Publisher
- epubli GmbH
- Location
- Berlin
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 594
- Keywords
- L3T, online
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- Einleitung 1
- Einführung 11
- Von der Kreidetafel zum Tablet 27
- Die Geschichte des WWW 39
- Hypertext 51
- Geschichte des Fernunterrichts 65
- Informationssysteme 75
- Webtechnologien 89
- Multimediale und interaktive Materialien 99
- Standards für Lehr- und Lerntechnologien 109
- Human-Computer-Interaction 117
- Didaktisches Handeln 127
- Medienpädagogik 139
- Systeme im Einsatz 147
- Kommunikation und Moderation 157
- Forschungszugänge und -methoden 167
- Planung und Organisation 177
- Literatur und Information 185
- Die „Netzgeneration“ 201
- Multimedia und Gedächtnis 209
- Mobiles und ubiquitäres Lernen 217
- Prüfen mit Computer und Internet 227
- Blogging und Microblogging 239
- Vom Online-Skriptum zum E-Book 249
- Educasting 257
- Game-Based Learning 267
- Einsatz kollaborativer Werkzeuge 277
- Offene und partizipative Lernkonzepte 287
- Qualitätssicherung im E-Learning 301
- Offene Lehr- und Forschungsressourcen 311
- Lernen mit Videokonferenzen 319
- Simulationen und simulierte Welten 327
- Barrierefreiheit 343
- Genderforschung 355
- Zukunftsforschung 363
- Kognitionswissenschaft 373
- Diversität und Spaltung 387
- Lern-Service-Engineering 397
- Medientheorien 405
- Das Gesammelte interpretieren 413
- Wissensmanagement 421
- Sieht gut aus 427
- Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre 435
- Interessen und Kompetenzen fördern 445
- Spielend Lernen im Kindergarten 455
- Technologieeinsatz in der Schule 465
- Technologie in der Hochschullehre 475
- Fernstudium an Hochschulen 483
- Webbasiertes Lernen in Unternehmen 489
- E-Learning in Organisationen 497
- Erwachsenen- und Weiterbildung 507
- Freie Online-Angebote für Selbstlernende 515
- Sozialarbeit 525
- Human- und Tiermedizin 531
- Online-Labore 539
- Mehr als eine Rechenmaschine 547
- Bildungstechnologien im Sport 557
- Fremdsprachen im Schulunterricht 569