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Zwecken handeln, ebenso durch Biskuit und Kuchen und Birkenreiser regiert
werden: das will niemand gern glauben, und mich dĂĽnkt, man kann es mit
Händen greifen.
Ich gestehe dir gern, denn ich weiß, was du mir hierauf sagen möchtest,
daĂź diejenigen die GlĂĽcklichsten sind, die gleich den Kindern in den Tag
hinein leben, ihre Puppen herumschleppen, aus—und anziehen und mit
groĂźem Respekt um die Schublade umherschleichen, wo Mama das
Zuckerbrot hineingeschlossen hat, und, wenn sie das gewĂĽnschte endlich
erhaschen, es mit vollen Backen verzehren und rufen:“mehr!”—das sind
glückliche Geschöpfe. Auch denen ist’s wohl, die ihren
Lumpenbeschäftigungen oder wohl gar ihren Leidenschaften prächtige Titel
geben und sie dem Menschengeschlechte als Riesenoperationen zu dessen
Heil und Wohlfahrt anschreiben.—Wohl dem, der so sein kann! Wer aber in
seiner Demut erkennt, wo das alles hinausläuft, wer da sieht, wie artig jeder
Bürger, dem es wohl ist, sein Gärtchen zum Paradiese zuzustutzen weiß, und
wie unverdrossen auch der UnglĂĽckliche unter der BĂĽrde seinen Weg
fortkeucht, und alle gleich interessiert sind, das Licht dieser Sonne noch eine
Minute länger zu sehn—ja, der ist still und bildet auch seine Welt aus sich
selbst und ist auch glĂĽcklich, weil er ein Mensch ist. Und dann, so
eingeschränkt er ist, hält er doch immer im Herzen das süße Gefühl der
Freiheit, und daĂź er diesen Kerker verlassen kann, wann er will.
Am 26. Mai
Du kennst von alters her meine Art, mich anzubauen, mir irgend an einem
vertraulichen Orte ein HĂĽttchen aufzuschlagen und da mit aller
Einschränkung zu herbergen. Auch hier habe ich wieder ein Plätzchen
angetroffen, das mich angezogen hat.
Ungefähr eine Stunde von der Stadt liegt ein Ort, den sie Wahlheim
nennen. Die Lage an einem HĂĽgel ist sehr interessant, und wenn man oben
auf dem FuĂźpfade zum Dorf herausgeht, ĂĽbersieht man auf einmal das ganze
Tal. Eine gute Wirtin, die gefällig und munter in ihrem Alter ist, schenkt
Wein, Bier, Kaffee; und was ĂĽber alles geht, sind zwei Linden, die mit ihren
ausgebreiteten [sten den kleinen Platz vor der Kirche bedecken, der ringsum
mit Bauerhäusern, Scheunen und Höfen eingeschlossen ist. So vertraulich, so
heimlich hab’ ich nicht leicht ein Plätzchen gefunden, und dahin lass’ ich
mein Tischchen aus dem Wirtshause bringen und meinen Stuhl, trinke meinen
Kaffee da und lese meinen Homer. Das erstenmal, als ich durch einen Zufall
an einem schönen Nachmittage unter die Linden kam, fand ich das Plätzchen
so einsam. Es war alles im Felde; nur ein Knabe von ungefähr vier Jahren saß
an der Erde und hielt ein anderes, etwa halbjähriges, vor ihm zwischen seinen
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Die Leiden des jungen Werthers
- Title
- Die Leiden des jungen Werthers
- Author
- Johann Wolfgang von Goethe
- Date
- 1774
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 95
- Categories
- Weiteres Belletristik