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passiert denn, wenn die Daten auf die Lehrkräfte treffen? Dann passiert erst
einmal gar nichts. Und dann klopfen die Lehrkräfte einmal ab, ob die Daten
für sie relevant sind oder nicht. Und nur wenn diese Relevanz wahrgenommen
werden kann, erst dann werden die Daten interessant.“
Im Zusammenhang mit dem Praxisbezug und der Ausbildungsfunktion der
Bildungswissenschaften wäre zu beachten, dass die Erziehungswissenschaft,
noch stärker als andere Wissenschaften, als Disziplin zukunftsbezogen ist, und
immer auf nicht ausreichend vorhersehbare Situationen vorbereiten soll und
will. Die Ausbildungsfunktion besteht demnach nicht nur darin, wissenschaft-
lich geprüftes Wissen zu präsentieren, sondern die Studierenden mit der Fä-
higkeit auszustatten, sich selbst Wissen zu erarbeiten und Wissen, das sie aus
dem Studium haben, weiterzuentwickeln, und zwar auf die noch unbekannten
Herausforderungen der Zukunft hin. Universitäre Bildung setzt eine funktio-
nierende Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden voraus. Dabei zeigt sich,
dass das Gefühl, zu einer Gemeinschaft zu gehören, die ein gemeinsames Ziel
verfolgt, die Motivation zum Lernen und die Qualität des Lernens maßgeblich
erhöhen dürfte. Lernsettings sowie insbesondere die soziale Eingebundenheit
der Lernenden spielen dabei eine zentrale Rolle. Zukunftsorientierte Ansätze
bemühen sich zudem, Lernende handlungsfähig hinsichtlich der eigenen Lern-
biographie zu machen und sie lebenslang eigeninitiativ lernfähig zu halten. Le-
benslanges Lernen ist im Alltag angekommen, kann aber nach Einschätzung
der Diskutierenden nicht ohne ausreichendes Theorieverständnis geschehen.
Die Fähigkeit theoretisch-wissenschaftlich zu denken, also Theorien in Frage
zu stellen und Theorien in Auseinandersetzung mit empirischen Befunden wei-
terzuentwickeln, ist eine genuine Voraussetzung für die lebenslange Lernfä-
higkeit.
Die oben angeklungene Frage, ob die Formierung einer einflussreichen
Lobby ebenso zu den zentralen Aufgaben der Bildungsforschung zählen darf,
ist offen, ebenso wie die Frage, ob Weitergabe bzw. Beachtung von wissen-
schaftlich gesicherten Tatsachen eine Bringschuld der Bildungsforschung oder
eine Holschuld der Politik ist. Klar scheint zu sein, dass – wohl auch durch die
Entwicklung des Internets – kein Wissensmonopol mehr besteht. Es zeigt sich
ein Wettstreit mit außeruniversitären „Wissensanbietern“, die ebenso wie Uni-
versitäten öffentliche und politische Aufmerksamkeit erhalten. Was können
BildungsforscherInnen tun, um in diesem Kampf um Einfluss zu bestehen?
Spätestens hier wird klar, dass auch Wissenschaft und Forschung zumindest
teilweise nach marktwirtschaftlichen Regeln funktionieren. Ein Hauptproblem
dürfte dabei sein, dass es für WissenschaftlerInnen zwei Märkte gibt. Der erste
entscheidet darüber, ob man als WissenschaftlerIn zukünftig gute Beschäfti-
gung an Universitäten erhält, es ist dies der kompetitive Markt der Fachpubli-
kationen und des wissenschaftlichen Outputs. Der zweite ist der Markt der ge-
sellschaftlichen Öffentlichkeit, in dem man durch häufige Medienpräsenz und
pointierte Positionen punkten kann, also öffentlich gehört wird.
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book Lernprozesse über die Lebensspanne - Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern"
Lernprozesse über die Lebensspanne
Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
Veröffentlicht mit Unterstützung der Fakultät für Kulturwissenschaften der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
- Title
- Lernprozesse über die Lebensspanne
- Subtitle
- Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
- Authors
- Monika Kastner
- Jasmin Donlic
- Barbara Hanfstingl
- Editor
- Elisabeth Jaksche-Hoffman
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8474-1467-4
- Size
- 14.7 x 21.0 cm
- Pages
- 190
- Category
- Lehrbücher