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28 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass in diesen Ansätzen der spezifische
Beitrag der Erziehungswissenschaft zur Bildungsforschung in der Bereitstel-
lung und Weiterentwicklung eines theoretischen Rahmens gesehen wird, der
auf Grundbegriffen der Disziplin wie Erziehung und Bildung sowie einschlä-
gigen Theoriediskussionen beruht. Die Funktion der Erziehungs- und Bil-
dungstheorie für die Bildungsforschung lässt sich dabei mit Benner als Opti-
mierung und Kritik beschreiben. Dabei kann es sowohl um grundlagentheore-
tische Kritik an Problemverkürzungen in einschlägigen Forschungsvorhaben
gehen als auch um die Weiterentwicklung von Projekten der Empirischen Bil-
dungsforschung wie z.B. der Erforschung domänenspezifischer Kompetenzen
durch Einbeziehung bislang unterbelichteter Kompetenzbereiche (vgl. Benner
2018: 17).
Das besondere Verhältnis der Erziehungswissenschaft zur
pädagogischen Praxis
In der oben zitierten Position aus den Anfängen der deutschen Bildungsfor-
schung in den 1970er Jahren, die der Erziehungswissenschaft aufgrund ihrer
„pädagogische[n] Orientierung“ und ihrem Interesse an einer Verbesserung
von Entwicklungsmöglichkeiten und -bedingungen eine Sonderstellung inner-
halb der Bildungsforschung zuschrieb, kam bereits ein weiteres Argument ins
Spiel, mit dem der besondere Beitrag der Disziplin zur Bildungsforschung be-
gründet werden kann: ihre besondere Nähe zur pädagogischen Praxis.
Entsprechende Positionen finden sich auch in den neueren Wortmeldungen
zum Thema. So beschreibt etwa Jürgen Oelkers den besonderen Status der Er-
ziehungswissenschaft als den einer praxisbezogenen Disziplin, die – anders als
„geschlossene“ Disziplinen wie z.B. Philosophie, Geschichte oder Psychologie
– von äußerer Nachfrage abhängig sei, „pädagogische Themen für praktische
Problemlösungen in spezialisierter Weise“ bearbeite und deren Identität „sich
aus der Kontinuität der Fragen“ ergebe, „nicht aus der exklusiven Methode
oder dem einzigartigen Kanon“ (Oelkers 2014: 96).
Die Besonderheit der Erziehungswissenschaft resultiert Oelkers zufolge
also daraus, dass diese darauf spezialisiert ist, einen äußeren – wohl in erster
Linie aus der pädagogischen Praxis bzw. der Bildungspolitik stammenden –
kontinuierlichen Bedarf zu bearbeiten, der vor allem an „praktische[n] Prob-
lemlösungen“ interessiert ist. In ähnlicher Weise adressiert Felicitas Thiel die
Erziehungswissenschaft als „Bezugsdisziplin pädagogischer Professionen“
(Thiel 2018: 37) und stellt dabei die Anwendungsorientierung erziehungswis-
senschaftlicher Forschung in den Mittelpunkt. In – allerdings keineswegs völ-
lig trennscharfer – Unterscheidung von Grundlagenwissenschaften wie Psy-
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book Lernprozesse über die Lebensspanne - Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern"
Lernprozesse über die Lebensspanne
Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
Veröffentlicht mit Unterstützung der Fakultät für Kulturwissenschaften der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
- Title
- Lernprozesse über die Lebensspanne
- Subtitle
- Bildung erforschen, gestalten und nachhaltig fördern
- Authors
- Monika Kastner
- Jasmin Donlic
- Barbara Hanfstingl
- Editor
- Elisabeth Jaksche-Hoffman
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8474-1467-4
- Size
- 14.7 x 21.0 cm
- Pages
- 190
- Category
- Lehrbücher