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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1
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36 | www.limina-graz.eu Beziehungen und Austauschprozesse unterwirft“ (Illouz 2008, 13). Liebe in Zeiten des Kapitalismus ist eben Liebe in Zeiten des Kapitalismus – und nicht einfach Liebe. Was für die Liebe, dieses scheinbar Innerste des spätmodernen Menschen, in Zeiten des Kapitalismus gilt, das gilt nun aber auch für die Religion und den Glauben in Zeiten des Kapitalismus: Sie werden von jenem geprägt, zutiefst und zuinnerst. Denn die Priorität, die Macht, die Dominanz liegen beim Kapitalismus. „Der heutige Hyperkapitalismus löst die menschliche Existenz gänzlich in ein Netz kommerzieller Beziehungen auf. Es gibt keinen Lebensbe- reich mehr, der sich der kommerziellen Verwertung entzöge. Der Hyper- kapitalismus macht alle menschlichen Beziehungen zu kommerziellen Beziehungen.“ (Han 2016, 103) Der kulturell hegemoniale Kapitalismus ist souverän, nicht zuerst, weil er sich, wie der Staat, des äußeren Machtapparates bemächtigt, sondern weil er sich der Menschen auf einer viel wirksameren Ebene bemächtigt, jener, die sie zu dem macht, was sie sind: Er bemächtigt sich ihrer Sehnsüchte und Hoffnungen, ihrer Ängste und Nöte. Er formt bereits Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute und dann befriedigt er sie, er gibt all dem Sprachen, Bilder und – Erfüllung: und das konkret und fassbar. Der kulturell hegemoniale Kapitalismus arbeitet im Übrigen exakt dort, wohin sich auch die Kirchen gerettet hatten, als der moderne Staat ihnen als Souverän die äußere Macht nach und nach nahm: auf jener Sehnsuchts- und Gefühlsebene, die man christlich Frömmigkeit nennt. Der Protestan- tismus schrieb sie tief in die Person und ihr Gewissen ein, der Katholizismus in seine nachreformatorisch medial immer subtiler aufgerüsteten Räume und Sozialformen, über die er dann deren Bewohner und Bewohnerinnen regierte. Der Kapitalismus freilich ist so klug, sich weder an das protestantische Ge- wissen noch an kirchenanaloge Sozialformen zu heften, so sehr er bekannt- lich mit den Formen, Diskursen, Techniken und Medien der Religionen spielt und diese nutzt. Aber festlegen lässt er sich nicht, dazu ist er zu anti- essentialistisch. Die Strategien der Wunschproduktion, Sehnsuchtserfül- lung und Kontingenzbewältigung des kulturell hegemonialen Kapitalismus Rainer Bucher | Die aktuelle Logik der Welt Der kulturell hegemoniale Kapitalismus arbeitet dort, wohin sich auch die Kirchen gerettet haben: auf der Sehnsuchts- und Gefühlsebene.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
1:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2018
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
236
Categories
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