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107 | www.limina-graz.eu 4. Neben Staaten mĂĽssen Milizen oder sonstige Gruppen (Sufi-Orden,
Muslimbruderschaften, Islamischer Staat) sowie Einzelne (Yussuf
al-Qaradawi oder etwa auch Blogger) gleichberechtigt als Akteure
beschreibbar sein.
Wenn es also darum geht, Phänomene unter der Staatsebene in ihrer regio-
nalen Bedeutung adäquat zu fassen, sind die subjektive Perspektive sowie
die lokale Ebene in ihrer transnationalen Re levanz von zentraler analyti-
scher Bedeutung.
Diese subjektive religiöse und prärationale Dimension scheint nun klas-
sische Theorien der Internationalen Beziehungen zu ĂĽbersteigen. Das
scheint im Besonderen fĂĽr den Realismus zu gelten, in welchem rationale
Kosten-Nutzen-Kalkulationen eine zentrale Rolle spielen. Ironischerweise
plädieren zwei der spärlichen Versuche einer Integration von Religion in die
Internationalen Beziehungen fĂĽr den Realismus als geeignete Theorie. Fox
und Sandal (2010) etwa beschreiben zunächst die Wichtigkeit von nicht-
klassischen Elementen wie Legitimität, Weltsichten oder nicht-staatlichen
Akteuren. Dann argumentieren sie, wie diese trotz ihrer augenscheinlichen
schweren Vereinbarkeit mit dem Realismus, dennoch in dessen Kosten-
Nutzen-Kalkulationen und den Primat des Staates als Akteur integriert
werden können. Sandal und James (2010) etwa weisen auf die Wichtigkeit
von Identität für jede Theorie von Religion in den Internationalen Bezie-
hungen hin. Das spricht fĂĽr die Autoren fĂĽr den Realismus, da dieser die
menschliche Natur mit der zwischenstaatlichen Dynamik zusammen-
denke.
Wie kommt man nun aber zu einer adäquaten Theorie der Internationalen
Beziehungen, ohne scheinbar unpassende Paradigmen passend machen zu
mĂĽssen, sondern auf eine Weise, dass sich diese aus ihren Erfordernissen
heraus ergibt? FĂĽr Felix Berenskoetter gehe es bei jeder Theorie der Inter-
nationalen Beziehungen darum, Aktion und Ordnung kausal zu verknĂĽpfen:
Interaktionen von Akteuren schaffen eine gewisse Ordnung, erhalten diese
oder fordern sie heraus. Im Zentrum jeder Theorie stehen laut Berenskoet-
ter die Ontologie der Akteure und ihre Motivationen. Diese Ontologie basiert
auf einem bestimmten Konzept der conditio humana, die aber jeglichen Es-
sentialismus meiden sollte. Vielmehr mĂĽsse diese in einer Be
schreibung der
Maximilian Lakitsch | Religion und Konflikt in den Internationalen Beziehungen
Eine transnationale Analyse von Religion in Konflikten muss die Elemente
Subjekt, Identität und Diskurs reflektieren können.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 1:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 236
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven