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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1
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Page - 128 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1

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128 | www.limina-graz.eu Köln, Haas in ZĂŒrich, Lustiger in Paris, sowie natĂŒrlich Law in Boston, Pell in Sydney usw. Insbesondere so gut wie alle Bischofssitze in Lateinamerika und Afrika wurden auf diese Linie gebracht. Auch die Förderung des Paps- tes von neuen geistlichen Gemeinschaften wie den LegionĂ€ren Christi und dem Opus Dei passt zu dieser Grammatik; von EscrivĂĄ de Balaguer, dem BegrĂŒnder der letztgenannten Gemeinschaft, steht ja sogar die Kategorie der „heiligen UnverschĂ€mtheit“ zu Buche.3 Dieses ganz andere Format von Bischöfen sollte sich einer starken katholischen IdentitĂ€t öffentlich nicht schĂ€men und deshalb die eigene kirchliche Sache so vertreten, dass diejenigen sich mindestens unwohl fĂŒhlen mussten, die das in herausgehobenen kirchlichen Positionen nicht darstellten. Diese Dimension von Scham drehte sich durch den Skandal um die Person GroĂ«r jedoch um. Ähnliches ließe sich ĂŒber die Skandale um Haas in ZĂŒrich, Law in Boston, Pell in Sydney, Cipriani Thorne in Lima sagen. Aber bleiben wir in Österreich. Derjenige, der eigentlich die österreichische Kirche auf einen wahren katholischen Weg reprĂ€sentativ zurĂŒckfĂŒhren sollte, wurde nun zum Grund, dass die wahren GlĂ€ubigen dieser Kirche sich schĂ€men mussten. In diesem Sinn reagierte die vor Johannes Paul II herrschende liberale Mehrheit in der Kirche von Österreich durchaus mit Scham auf diesen Erzbischof – aber sie hatte eine völlig andere Stoßrichtung und Durchschlagskraft als jene, auf die neun Jahre zuvor die Ernennung von GroĂ«r gezielt hatte. Diese Scham am Ende seiner Amtszeit entstand durch die Schamlosigkeit, zu einem derart verheerenden Vorwurf wie sexuellen Missbrauch einfach zu schweigen. Dieses Schweigen macht eine beschĂ€- mende Diskrepanz auf seiner Seite sichtbar, die eigentlich den anderen gegolten hatte. Der Skandal selbst brachte zwei sehr wichtige Aktionen hervor, die das beschĂ€mende Bild hinter sich lassen sollten: erstens die Entmachtung GroĂ«rs durch die sehr schnelle Regelung der Nachfolge am 13. April 1995, als der damalige Wiener Weihbischof Schönborn mit dem Amt eines Ko- adjutors mit Nachfolgerecht betraut wurde (Czernin 1998, 100), und zwei- tens das Kirchenvolksbegehren, das am 15. April 1995 von drei Tiroler ReligionspĂ€dagog(inn)en vorgeschlagen, bei einer Versammlung von „Wir sind Kirche“ am 20. Mai in Salzburg vereinbart und danach in der gan- Hans-Joachim Sander | Gebrochenes Ver(-)sprechen Die Scham am Ende seiner Amtszeit entstand durch die Schamlosigkeit, zu einem derart verheerenden Vorwurf wie sexuellen Missbrauch einfach zu schweigen. 3 In der Beschreibung der „Ebene deiner Heiligkeit“ heißt es vom da- maligen Professor fĂŒr Standesethik: „387 Die Ebene jener Heiligkeit, die der Herr von uns erwartet, ist durch diese drei Punkte zu bestimmen: heilige Unnachgiebigkeit, heiliger Zwang und heilige UnverschĂ€mtheit. 388 Die heilige UnverschĂ€mtheit ist etwas anderes als die Frech- heit der Welt. [
] 391 Wenn du die heilige UnverschĂ€mtheit hast, was kĂŒmmert dich dann das ‚sie haben gesagt‘ oder ‚sie werden sagen‘?“ (EscrivĂĄ de Balaguer 1982, 93–94)
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
1:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2018
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
236
Categories
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