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201 | www.limina-graz.eu Die Digitalisierung der Gesellschaft ist ein gern – und meist missverständ-
lich – gebrauchtes Schlagwort, das einen unausweichlichen Wandel sig-
nalisiert, der unser Weltverständnis und damit einhergehend das Verste-
hen unseres eigenen Ortes in dieser Welt massiv verändert.
Nun kann man natĂĽrlich und berechtigterweise die Unausweichlichkeit
dieses Wandels in Frage stellen (denn technisch gesehen ist er keineswegs
unausweichlich, sondern nur die vordergrĂĽndig bequemste der zur Ver-
fügung stehenden Alternativen). Doch das ändert nichts an der Faktizität
dieser Dynamik, die eher an Fahrt aufnimmt.
In dieser Ausgabe finden sich zwei weitere Beiträge zu diesem zentralen
Thema; einer aus einer anwendungsorientiert-praktischen, einer aus einer
wissenschaftlich-theoretischen Perspektive verfasst.1 Dieser Beitrag soll
die von beiden vorgebrachten Gesichtspunkte ergänzen und dadurch einige
Verbindungslinien offenlegen, schlieĂźlich auch eine Perspektive aufzeigen.
1. Welche Macht?
Macht ist nach meinem Verständnis die Möglichkeit, eigene Interessen
ohne HerbeifĂĽhrung eines Konsenses zwischen den beteiligten Subjekten
durchsetzen zu können. Diese Sichtweise beinhaltet bereits einige wesent-
liche Blickwinkel:
a. Die Rede ist von einer Möglichkeit. Diese auch in die Praxis um-
zusetzen ĂĽberschreitet die Grenze zur Gewalt. Sowohl Macht als
auch Gewalt sind nicht in sich negativ, sondern grundsätzlich Be-
standteile der conditio humana: In unseren Genen, in unseren So-
zialstrukturen, in unseren Persönlichkeiten und daher in unseren
aus diesen Faktoren resultierenden Interaktionen sind Macht und
Gewalt eingeschrieben (vgl. Girard 1994); mit ein Grund dafĂĽr,
dass ihre Darstellung – soweit wir das abschätzen können – zum
ältesten Überlieferungsgut menschlicher Kulturtätigkeit gehört
(vgl. Laming-Emperaire 1959). Freilich sind beide extrem anfällig
für Missbrauch; und die Folgen einer missbräuchlichen Anwen-
dung beider sind gravierend bis katastrophal. Kein Subjekt – sei
es eine natürliche oder juristische Person – ist davor gefeit, und
Christian Wessely | Die Macht der Daten
Die Digitalisierung der Gesellschaft verändert unser Weltverständnis.
1 Siehe Christian Ekhart, Big Data
und Metadaten (S. 164–177), und
Georg Vogeler, Religion aus Daten?
Zur digitalen Edition von religiösen
Grundlagentexten (S. 178–198).
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 1:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 236
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven