Page - 205 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1
Image of the Page - 205 -
Text of the Page - 205 -
205 | www.limina-graz.eu Zweck war es lediglich, auch unkundigen und damit kostengünstigeren
Kräften Rechenoperationen anvertrauen zu können bzw. dem Kundigen die
immer gleiche Verarbeitung großer Zahlenmengen zu beschleunigen. Ich
beziehe mich dabei ausdrücklich nur auf jene Maschinen, die zu logischen
Operationen in der Lage sind und daher dazu, Relationen zwischen Daten
unterschiedlichen Ursprunges schneller und leichter herzustellen als das
in der Regel für Menschen möglich ist. Die Daten fallen dabei zunächst in
menschlich lesbarer Form an, werden dann vom Menschen in eine maschi-
nenkompatible Form übersetzt, in die Maschine eingegeben und verarbei-
tet. Das Resultat ist wieder – in umgekehrter Richtung – zu übersetzen,
denn die Resultate müssen wieder in die (wissenschaftliche) konkrete Ar-
beit konkreter Menschen einfließen können.
Bis zu diesem Punkt hat sich seit den frühesten Zeugnissen der Datensamm-
lung und -verarbeitung qualitativ nicht wirklich viel geändert, auch wenn
die Quantität (in Sprüngen) und der Zweck der Verarbeitung (zweckorien-
tiert) sich deutlich geändert haben.
Ab dem Ende des 20. Jahrhunderts wird aber zunehmend eine qualitative
Veränderung deutlich: Nicht nur, dass die Menge der anfallenden Daten
exponentiell zunimmt, sondern die weitaus überwiegende Mehrzahl dieser
Daten nimmt in aller Regel keine Form mehr an, die an einem Punkt ihrer
Existenz menschlich lesbar wäre. Lediglich die Resultate der Endverarbei-
tung werden teilweise noch in direkt menschlich lesbarer Form ausgege-
ben. Doch die Daten von – um beim obigen Beispiel zu bleiben – Tausen-
den Wetterstationen werden nun automatisch in Datenzentren übertragen,
gespeichert, verarbeitet und erst in ihren Resultaten dann – interpretiert
durch ein Softwareinterface – präsentiert. Freilich: Die Algorithmen, die
für die Datenauswahl eingesetzt werden, sind noch zum Großteil von Men-
schen programmiert. Doch die big player in den sozialen Medien arbeiten
bereits jetzt mit Auswahlalgorithmen, die selbst Produkte von Algorithmen
sind; vorerst experimentell, aber durchaus mit beachtlichen Ergebnissen.
Ich behaupte, dass das der entscheidende Quantensprung ist. Der Mensch
gibt – paradigmatisch gemeint! – die Kontrolle über die Datenverarbei-
tung ab; sie wird nur noch zwischen Maschinen abgewickelt. Maschinen
entscheiden, wann die Daten ausreichend für eine Ausgabe sind; maschi-
nelle Protokolle entscheiden über Vollständigkeit und Integrität der Daten;
Christian Wessely | Die Macht der Daten
Ab dem Ende des 20. Jahrhunderts wird eine qualitative Veränderung deutlich:
Der Mensch gibt partiell die Kontrolle über die Datenverarbeitung ab.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 1:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 236
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven