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206 | www.limina-graz.eu maschinelle Prozesse erzeugen dann für den Bearbeiter bzw. die Bearbeite-
rin entsprechende Ausgaben. Das heißt aber zweierlei:
a. Maschinen (egal, ob software- oder hardwarebasiert) treffen Ent-
scheidungen, da jede Auswertung auf Selektion und Verknüpfung
basiert; und
b. diese Entscheidungen fußen auf Datenmengen, die für menschli-
che Bearbeitung ohne maschinelle Hilfe schlicht nicht mehr be-
wältigbar sind, und die selbst aufgrund von maschineller Verarbei-
tung anfallen – und das ist es, was man heute mit dem Schlagwort
„Big Data“ bezeichnet.6
4. Die Macht der Daten
Dass die Interpretation von Big Data ganz pragmatische Folgen für das
alltägliche Leben der Menschen – auch jener, die mit deren Generierung
in keiner Weise zu tun hatten – mit sich bringt, ist allgemein bekannt.
Spannend ist nun die Frage, ob und inwiefern sich Daten an sich in einer
Machtposition befinden können. Nach der oben getroffenen Definition
fehlen ihnen ja wesentliche Agenten zur Machtausübung (Wille, Zeitkon-
zept, Vorstellungsvermögen). Das ist nach meiner Auffassung jener Punkt,
an dem die derzeit sich sprunghaft entwickelnde Künstliche Intelligenz (KI,
auch: AI für Artificial Intelligence) in die Überlegungen einbezogen werden
muss.7
Vorauszuschicken ist indessen, dass die Terminologie irreführend ist. „In-
telligenz“ ist schon im Gebrauch hinsichtlich des Menschen nicht ein-
heitlich definiert. Ist es die Lernfähigkeit? Ist es die Kreativität? Ist es das
Potential, Zeit und Ort zu transzendieren? Diese und viele weitere Defini-
tionen werden – je nach Interessenlage – gern verwendet.8 Nun hat aber die
KI mit dem Konzept menschlicher Intelligenz an genau einer Stelle etwas zu
tun, und das ist der Vorgang des Programmierens der die Verhaltensweisen
der Rechensysteme determinierenden Algorithmen.9 Da wir im Computer-
bereich bis auf weiteres noch in einer Zeit binärer Logik leben, sind diese
aber per definitionem nicht analog zu menschlichen Denkpro
zessen (dem
eigentlichen Vollzug der Intelligenz) zu verstehen. Vielmehr schafft sich
ein Team von Menschen im Hinblick auf ein konkretes Ziel binäre Ent-
scheidungsstrukturen mit Lern- und Mutationspotential. Klammert man
weiter aus, dass „Lernen“ in diesem Zusammenhang ebenfalls terminolo-
Christian Wessely | Die Macht der Daten
6 Zum Thema Metadaten vgl. den
Beitrag von Christian Ekhart in die-
ser Ausgabe.
7 Hier sei kursorisch auf die Unter-
scheidung zwischen „schwacher“
und „starker“ KI verwiesen. In
Richtung Praxistauglichkeit ent-
wickelt sich derzeit die „schwache“
Form, die keineswegs so schwach
ist. Es handelt sich dabei um Ex-
pertensysteme, die nach (menschli-
chen) Zielvorgaben lernen und ihre
Entschei
dungen und Handlungen
darauf hin optimieren. „Starke“ KI
würde be reits selbst über ihre Ziele
entscheiden und sich völlig autonom
entwickeln können. Hier ist daher
hauptsächlich von „schwacher“ KI
die Rede.
8 Einen brauchbaren Überblick
hierzu liefert der Art. Intelligenz-
theorie in Wikipedia, vgl. https://
de.wikipedia.org/wiki/Intelligenz-
theorie.
9 Bzw. dort, wo menschliches Den-
ken die KI emulieren muss. Bezeich-
nend für die Differenz zwischen
öffentlicher Wahrnehmung und
Realität ist http://orf.at/sto-
ries/2446205/2446206/ [11.7.2018].
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 1:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 1:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 236
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven