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33 | www.limina-graz.eu Bedeutung von religiösen und weltanschaulichen Begründungen beruht
auf der verstärkenden Wirkung, die eine binnenreligiöse und weltanschau-
liche Begründung für die Geltung der Menschenrechte innerhalb der jewei-
ligen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft sowie für die jeweili-
ge Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft erzielt.
Ohne eine zusätzliche religiöse oder weltanschaulich basierte Begründung
der Menschenrechte könnte allerdings der Schluss naheliegen, dass die
Menschenrechte als etwas rein Säkulares in dem Sinne verstanden wer-
den, dass sie keine Relevanz für die jeweilige Religions- und Weltanschau-
ungsgemeinschaft bzw. ihre Angehörigen und Mitglieder aufweisen. Diese
Schlussfolgerung steht jedoch im klaren Widerspruch zur Universalität der
Menschenrechte. Menschen in ihren eigenen unterschiedlichen religiösen
Ethosformen begründende Anknüpfungspunkte zwischen ihrer eigenen Re-
ligion und Weltanschauung und den Menschenrechten aufzuzeigen, dient
der weltweiten Verwirklichung der Menschenrechte.
Die Bedeutung dieser binnenreligiösen und binnenweltanschaulichen Be-
gründung der Menschenrechte wird außerdem angesichts der Tendenz
deutlich, einen vermeintlich menschenrechtsfreien religiösen und welt-
anschaulichen Raum anzunehmen. Diese Position stützt sich auf die Be-
gründung, dass aus Respekt vor der Allgemeinheit und dem säkularen Cha-
rakter der Menschenrechte eine religiöse oder weltanschaulich basierte
Begründung unterlassen werden soll. Ein derartiges Verständnis kann für
das zu ihm gehörende Bestreben kritisiert werden, die Relevanz der Men-
schenrechte für die jeweilige Religions- und Weltanschauungsgemein-
schaft generell in Frage zu stellen, indem religiöse oder weltanschaulich
basierte Begründungen verhindert werden. Diesem Versuch kann nur mit
einer binnenreligiösen und binnenweltanschaulichen Begründung begeg-
net werden.
Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften leisten somit in doppel-
tem Sinne auf konstituierende Art und Weise einen Beitrag zur Begrün-
dungsfrage der Menschenrechte, indem sie zweifach die Notwendigkeit
einer religiös und weltanschaulich basierten Begründung der Menschen-
rechte unterstreichen – erstens für ihre eigenen Gemeinschaften und ihre
Mitglieder und Angehörige und zweitens gegen ein Verständnis von Reli-
Peter G. Kirchschläger | menschenrechte, demokratie und religionen
Der zweifache Beitrag der Religionen zur Begründung der Menschenrechte:
• für eine Begründung der Menschenrechte innerhalb der eigenen Gemeinschaft,
• gegen ein Verständnis der eigenen Gemeinschaft als menschenrechtsfreier Raum.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 2:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 194
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven