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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
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Page - 85 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1

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85 | www.limina-graz.eu axel Bernd Kunze | staat – Identität – recht Wie weit bei der Beurteilung der Flüchtlingsfrage innerhalb der Christli- chen Sozialethik die Positionen auseinander gehen, zeigte sich exempla- risch im Herbst 2016 bei der 34. gemeinsamen Medientagung des Cartell- verbandes (CV) und der Hanns-Seidel-Stiftung im oberfränkischen Kloster Banz (vgl. Fuchs/Braun/Dicke 2017): Der Staatsrechtslehrer Josef Isensee, Verfasser des Grundsatzartikels zum Stichwort ‚Staat‘ im Handbuch der Katholischen Soziallehre (Isensee 2008), nannte die weitreichende, einsei- tige Grenzöffnung Deutschlands im Sommer 2015 im Kloster Banz einen „humanistischen Staatsstreich“; in einem „Rausch der Moral“ habe man auf jede rechtliche und gesetzliche Grundlage verzichtet. Die deutsche Entscheidung, auf ein wirksames Grenzregime zu verzichten, basiert bis heute lediglich auf einer Anordnung des Bundesinnenministeriums. Gänz- lich anders argumentierte hingegen auf derselben Tagung der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick: Die weitreichende Flüchtlingsaufnahme sei ein „Gebot christlicher Nächstenliebe“ gewesen. Die deutsche Bundeskanzle- rin habe seiner Ansicht nach im Sommer und Herbst 2015 gar nicht anders handeln können. Die beiden Stimmen beziehen sich auf den besonderen Umgang Deutsch- lands mit der seit Sommer 2015 deutlich angewachsenen Migration nach Europa, sie lassen aber auch über diesen Kontext hinaus eine zentra- le Konfliktlinie innerhalb der sozialethischen Debatte sichtbar werden. Diese durchzieht sowohl sozialethische Äußerungen aus der gleichnami- gen theologischen Disziplin (vgl. exemplarisch das Streitgespräch Fisch/ Kunze 2017a–d) und der kirchlichen Sozialverkündigung (vgl. Kunze 2017, 61–62) als auch die Praxis des politischen Katholizismus (vgl. z.  B. Meyer 2017; Führing 2018). Strittig ist, inwiefern bei der sozialethischen Beurtei- lung der Migration ein grundlegender Unterschied zwischen Nächstenliebe und Staatsethik besteht. Staatsethik stellt – so formuliert Joseph Höffner in seinem noch umfassend angelegten Entwurf einer christlichen Gesellschaftslehre – „die Fragen nach dem Ursprung und den Aufgaben des Staates, nach der Staatsgewalt und den Staatsformen sowie nach dem besonderen Verhältnis des Christen und der Kirche zum Staat“ (Höffner 1997, 255 [Neuausgabe; ursprüngliche Auflagen 1962 bis 1983]). Gegenüber den Forderungen der Bergpredigt be- tont Höffner die grundlegende Rechts- und Ordnungsfunktion, welche die sittliche Idee des Staates im Kern ausmacht: Ein grundlegender Unterschied zwischen Nächstenliebe und Staatsethik?
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
2:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
194
Categories
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