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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
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Page - 86 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1

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86 | www.limina-graz.eu axel Bernd Kunze | staat – IdentitĂ€t – recht „Die Aufforderung Jesu zur Versöhnung und zum Verzicht auf Rache bedeutet jedoch nicht, daß Recht und Ordnung aufgehoben wĂ€ren. Der einzelne Mensch und auch der Staat können auf dieses oder jenes Recht verzichten, dĂŒrfen aber niemals das Recht selbst, die Wahrheit selbst dem Unrecht und der LĂŒge ausliefern. [
] Die staatliche Gewalt, die das Zusammenleben der Menschen durch die Rechtsordnung sicherstellt, ist ‚von Gott eingesetzt 
 Nicht ohne Grund trĂ€gt sie das Schwert. Sie steht im Dienst Gottes und vollstreckt das Urteil an dem, der Böses tut‘ (Röm 13, 1.4)“ (Höffner 1997, 283–284 [Herv. i. O.]). In der zeitgenössischen Sozialethik gehört der evangelische Theologe Ri- chard Schröder zu jenen Vertretern des Faches, die auf derselben Linie fĂŒr eine strikte Grenzziehung zwischen staatlichem Handeln und caritativer Praxis plĂ€dieren: „Einzelne können barmherzig sein, auch Institutionen, die sich der Barmherzigkeit verschrieben haben. Der Staat aber darf nicht barmherzig sein, weil er gerecht sein muss. Er muss nach Regeln verfah- ren und die Folgen bedenken“ (Schröder 2016). Dies schließt harte Ent- scheidungen unweigerlich ein. Selbst HĂ€rtefallkommissionen im Bleibe- recht sind an Regeln mit definierten ErmessensspielrĂ€umen gebunden. Bei staatsethischen Fragen bleiben stets Aspekte wie staatliche SouverĂ€nitĂ€t und LeistungsfĂ€higkeit, StaatsrĂ€son und ordre public, Wahrung des Rechts und der ideellen Ordnung des Staates zu bedenken. Werden tugendethische Begriffe wie NĂ€chstenliebe, Barmherzigkeit oder auch Gastfreundschaft hingegen als normethische Kategorien verwendet, fĂŒhre dies leicht zu einer Moralisierung, gesinnungsethischen Einseitig- keit oder EntrĂŒstungsrhetorik im politischen Diskurs, wie vor allem Ulrich H. J. Körtner immer wieder, zuletzt in seinem Band FĂŒr die Vernunft (2017), kritisiert hat. Ohne politische Vernunft und DifferenzierungsfĂ€higkeit lei- de, so der Wiener Sozialethiker, die politische KompromissfĂ€higkeit. Dass staatsethischen Fragen innerhalb der zeitgenössischen Sozialethik oftmals eine so geringe Rolle zugebilligt wird, kann insbesondere vor dem Hintergrund einer traditionsreichen und profilierten christlichen Staats- lehre durchaus verwundern. Dabei spielt es keine Rolle, ob man die beson- dere Rolle des Staates in protestantischer Tradition in der im Römerbrief geforderten Gehorsamspflicht der Christen gegenĂŒber dem Staat und der Zweireichelehre oder in katholischer Tradition im thomistischen Aristote- lismus verankert sieht. Im Folgenden soll zunĂ€chst, unabhĂ€ngig von aktu- ellen migrationspolitischen Herausforderungen, die bleibende Bedeutung des Staates fĂŒr ein stabiles, handlungsfĂ€higes und befriedetes Gemeinwe- sen nĂ€her herausgearbeitet werden.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
2:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
194
Categories
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