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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
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Page - 98 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1

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98 | www.limina-graz.eu axel Bernd Kunze | staat – Identität – recht Die ‚Spielregeln‘ im gesellschaftlichen Zusammenleben, auf die wir uns verlassen dürfen, müssen klar sein. Jedes Gemeinwesen, das stabil blei- ben will, braucht einen gesellschaftlichen Mindestkonsens. Wichtig sind zunächst einmal zentrale Grundregeln einer formalen Sittlichkeit. Zu die- sen müssen wir uns als Gemeinwesen verbindlich bekennen, diese müssen wir deutlich einfordern und diese muss der Staat auch bereit sein durch- zusetzen – sonst verliert er als Rechtsstaat an Vertrauen: beispielsweise eine gewaltfreie Streit- und Debattenkultur, ein robustes Maß an Ambi- guitätstoleranz, den Willen zu Verständigung und Toleranz, Fairness und gegenseitigen Respekt, Achtung vor der Verfassung und den unveräußerli- chen Rechten anderer. Doch genügt ein Gerüst formaler Verfahrensregeln keineswegs. Die Regeln unseres Verfassungsstaates müssen unterfüttert werden durch ein Funda- ment konkret gelebter Orientierungswerte. Diese bestimmen das sozial- ethische Verhalten der Bürger im Alltag und sind Ausdruck gemeinsamer Identität. Man kann von einem Vorrat an kulturellen Selbstverständlich- keiten sprechen, der uns im Alltag den Rücken freihält. An dieser Stelle ist es durchaus berechtigt, von ‚Leitkultur‘ zu sprechen, womit noch nichts darüber ausgesagt ist, wie diese abgesteckt werden kann. Dass eine sol- che ‚Leitkultur‘ nicht statisch sein kann, ist eine triviale Erkenntnis. Und selbstverständlich sollte eine Leitkultur so offen formuliert werden, dass sie dem heutigen Freiheitsempfinden gerecht wird: weder ausgrenzend oder abschließend noch beliebig oder austauschbar. Es geht um eine ge- sprächsfähige Positionalität, die gleichzeitig bereit ist, für die eigenen Werte deutlich einzustehen. Wo kulturelle Gemeinsamkeiten, gegenseitige Verbundenheit und wech- selseitig übernommene Verpflichtungen schwinden, wo das Vertrauen in intuitiv gewusste, unproblematisch gelebte Gemeinsamkeiten schwindet, gehen letztlich Freiheitsräume verloren. Ein Gemeinwesen, in dem man sich nicht mehr aufeinander verlassen kann, muss kontrollieren, regulie- ren und steuern. Staatlicherseits geschieht dies beispielsweise durch zu- nehmende Kontrolle im Inland, eine verstärkte Überwachung der Privat- sphäre oder Einschränkungen der Meinungs- und Publikationsfreiheit. Zentrale Grundregeln: eine gewaltfreie Streit- und Debattenkultur, Ambiguitätstoleranz, Fairness und gegenseitiger Respekt, Achtung vor der Verfassung und den unveräußerlichen Rechten anderer.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
2:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
194
Categories
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