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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
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103 | www.limina-graz.eu axel Bernd Kunze | staat – IdentitĂ€t – recht kollektiver Zugehörigkeit und kultureller Eigenart und garantiert dadurch IndividualitĂ€t und Freiheit. Zum anderen sind die Menschenrechte zwar vorstaatliches Recht, bleiben aber auf einen handlungsfĂ€higen Staat ange- wiesen, der sie garantiert und wirksam schĂŒtzt. Im freiheitlichen Rechtsstaat werden die Maximen von Recht und Ord- nung nicht starr angewandt, sondern im Licht der MenschenwĂŒrde als dem Fundament der gesamten Rechtsordnung. In der Praxis zeigt sich dies bei- spielsweise darin, dass sich das angewandte Recht an Angemessenheits- normen orientieren und die zu seiner Durchsetzung eingesetzten Mittel sich am Maßstab der VerhĂ€ltnismĂ€ĂŸigkeit messen lassen mĂŒssen. Aller- dings dĂŒrfen sich auch humanitĂ€re Maximen im Rechtsstaat nicht einfach ĂŒber Recht und Gesetz hinwegsetzen – so der Soziologe Dieter Prokop in der Frankfurter Allgemeinen vom 24. Juli 2017: „Das Problem hierbei ist, dass das menschliche GefĂŒhl seine eigene Dynamik hat: GefĂŒhlte Ange- messenheitsnormen sind weit auslegbar“ (Prokop 2017, 6). HierfĂŒr gibt eine ‚Willkommenskultur‘, die dem vereinfachenden Slogan ‚Refugees welcome‘ folgt, reichlich Anschauungsmaterial ab. Ein moralischer Impetus, der sich ĂŒber Recht und Gesetz hinwegsetzt, ver- hindert notwendige Differenzierungen in der Anwendung bestehenden Rechts, beispielsweise die Unterscheidung zwischen politisch Verfolgten, die unter die Genfer FlĂŒchtlingskonvention fallen, KriegsflĂŒchtlingen, fĂŒr die gesetzlich bestimmte temporĂ€re Aufenthaltsgenehmigungen gelten, Personen, die ohne Kriegs- oder Verfolgungsgrund unter die ĂŒbliche Aus- lĂ€nder- und Einreisegesetzgebung fallen, oder sogar kriminellen Grenz- verletzern. Wo aber nach dem Gesetz notwendige Differenzierungen nicht mehr vorgenommen werden, nehmen am Ende die Gleichheit vor dem Gesetz und die faire Anwendung bestehenden Rechts Schaden – und zwar gerade deshalb, weil am Ende Ungleiches pauschal gleichgesetzt und der gerechten Beurteilung entzogen wird. Zu den Pflichten der Vernunft gehört es, dass GesellschaftsvertrĂ€ge, die Rechtssicherheit garantieren sollen, eingehalten werden. Ein Staat, der das Zutrauen in seine eigene Rechtssicherheit und Rechtsverbindlichkeit un- tergrĂ€bt, wird auf Dauer auch kein verlĂ€sslicher Adressat der Menschen- rechte mehr sein können. Die EuropĂ€ische Union, die ihre eigenen VertrĂ€ge Ein Staat, der das Zutrauen in seine eigene Rechtsverbindlichkeit untergrĂ€bt, wird auf Dauer auch kein verlĂ€sslicher Adressat der Menschenrechte sein können.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
2:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
194
Categories
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