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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
Page - 172 -
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Page - 172 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1

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172 | www.limina-graz.eu Franz Gmainer-Pranzl | „... mit dem menschengeschlecht und seiner Geschichte wirklich innigst verbunden ...“ 3. ‚Kenosis‘ – eine Kirche fĂŒr die Welt ‚Welt-Kirche‘ zu sein bedeutet nicht nur, ‚aus aller Welt‘ zusammen- zukommen, sondern auch, fĂŒr diese Welt da zu sein. Diese Einsicht wird wohl niemand bestreiten, und die gĂ€ngige pastorale Sprache betont auch durchgĂ€ngig, wie wichtig es sei, fĂŒr die Menschen, fĂŒr die Armen, fĂŒr die Ausgegrenzten usw. da zu sein. Wenn dieser Grundsatz allerdings vor dem Hintergrund aktueller rechtspopulistischer, nationalistischer und identi- tĂ€rer Strömungen auf die konkrete Gesellschaft bezogen wird, zeigen sich die Konsequenzen dieser Option. Als kirchliche Gemeinschaft die Vision der einen Menschheit zu vertreten, bedeutet, in Konflikte zu geraten, einen Transformationsprozess zu durchlaufen und das Konzept ‚Welt-Kirche‘ von der Peripherie her zu reformulieren. ‚Heilszeichen‘, ‚Sakrament‘, ‚In- strument‘ fĂŒr die Einheit und Versöhnung der Menschen zu sein, meint keine paternalistische Strategie der Bevormundung von Menschen durch eine ‚alles erklĂ€rende Botschaft‘, sondern die Bereitschaft, sich von einer grĂ¶ĂŸeren Vision und der konkreten Not der Gegenwart in Anspruch neh- men zu lassen. Nach dem Konzil wurde der Gedanke, dass sich die Kirche von der „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ (GS 1) der Welt in Dienst nehmen las- sen sollte, auf vielfĂ€ltige und kreative Weise rezipiert und weiterentwickelt. Einige wenige Beispiele mögen diese theologische Perspektive, die erst in jĂŒngerer Zeit vom biblischen Begriff kenosis (Leerwerden, Ent Ă€ußerung) her neu profiliert wurde, verdeutlichen. So lenkte etwa die Zweite General- versammlung der lateinamerikanischen Bischöfe im August 1968 in Me- dellĂ­n (Kolumbien), deren fĂŒnfzigjĂ€hriges JubilĂ€um erst kĂŒrzlich begangen wurde, Theologie und Kirche auf die Bahn einer befreiungstheologischen Orientierung und verstand zum Beispiel ‚Armut‘, die bisher nur als Anlass zu caritativer UnterstĂŒtzung gesehen wurde, „als Engagement, das die Be- dingungen der Armen dieser Welt freiwillig und aus Liebe annimmt, um Zeugnis zu geben von dem Übel, das sie darstellt, und von der geistigen Freiheit gegenĂŒber den GĂŒtern“ (Die Kirche Lateinamerikas 1979, 116). Die politische Dynamik, die diese Option der Kirche fĂŒr die Welt der Armen und UnterdrĂŒckten auslöste, ist kaum zu beschreiben; eine Institution, die vor dieser befreiungstheologischen Wende manchmal wie eine ‚eigene Welt‘ Kirche braucht die Bereitschaft, sich von einer grĂ¶ĂŸeren Vision und der konkreten Not der Gegenwart in Anspruch nehmen zu lassen.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
2:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
194
Categories
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