Page - 175 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
Image of the Page - 175 -
Text of the Page - 175 -
175 | www.limina-graz.eu
Franz Gmainer-Pranzl | â... mit dem menschengeschlecht und seiner Geschichte wirklich innigst verbunden ...â
ten, den wegen ihres Glaubens Verfolgten Gott anzusagen, weil er genau
hier â in den Notleidenden â entdeckt werden kann.â (Eckholt 2015,
298â299)
Als der neugewÀhlte Papst Franziskus in seiner ersten Ansprache dar-
auf hinwies, dass die KardinĂ€le, die fĂŒr Rom einen neuen Bischof wĂ€hlen
sollten, âfast bis ans Ende der Welt gegangenâ waren, âum ihn zu holenâ
(Franziskus 2013, 49), traf er mit dieser launigen Bemerkung exakt die Be-
deutung von âWelt-Kircheâ in einer zerrissenen Welt: Gerade die unbedeu-
tende Randzone, aus welcher der neue Inhaber des Petrusamtes kommt,
kann zum Signal eines neuen Aufbruchs werden, zum Zeichen einer welt-
weiten Verbundenheit und Hoffnung, die die gesamte Weltkirche âanste-
ckenâ kann.
Die theologische Forschung, die den spezifischen Charakter der Kirche als
Gemeinschaft der an Christus Glaubenden im Licht der âZeichen der Zeitâ
(GS 4) weiterdenkt und sich dabei vorrangig am Dienst an der Einheit der
Menschheitsfamilie orientiert, wie dies das Zweite Vatikanische Konzil
eindrĂŒcklich hervorgehoben hat, wird sich kĂŒnftig mit drei Herausforde-
rungen auseinanderzusetzen haben:
1. Intellektuell wird sie mit den aktuellen Globalisierungs- und Entwick-
lungstheorien in Dialog treten und sich dabei möglicherweise vom
Diskurs des Post-Development â das zum einen die bisherige Ent-
wicklungszusammenarbeit radikal in Frage stellt und zum anderen
âalternative politische Praktiken jenseits von Staat und Parteien,
alternative ökonomische Praktiken jenseits von Weltmarkt und
Konkurrenzprinzip sowie alternative Formen des Wissens jenseits
der âwestlichenâ Wissenschaftâ (Ziai 2014, 104) postuliert â zu einer
(selbst-)kritischen Reflexion ihres VerstĂ€ndnisses von âGlobalisie-
rungâ, âUniversalitĂ€tâ und âEntwicklungâ anleiten lassen.
2. Politisch wird sie mit Vertreterinnen und Vertretern zivilgesellschaft-
licher Bewegungen, NGOs und BĂŒrgerinitiativen in Austausch treten,
um ihre grundsĂ€tzliche theologische Perspektive, âHeils zei
chenâ
und âSakrament fĂŒr die Weltâ zu sein, im Licht konkreter Initiativen
zur Förderung von Frieden, Gerechtigkeit und SolidaritÀt zu refor-
Herausforderungen fĂŒr die theologische Forschung:
intellektuell, politisch, pastoral.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 2:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 194
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven