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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
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182 | www.limina-graz.eu rita Perintfalvi | Widerstand gegen rechtspopulismus im namen der Zivilisation der liebe Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, warum die ungarische katholi- sche Kirche die illiberale Demokratie von Viktor Orbán unterstützt. Dahinter steht die historische Tradition des langen Flirts der katholischen Kirche mit dem antiliberalen Autoritarismus. Wegen ihrer antiliberalen und antikom- munistischen Einstellung hat sie lange Zeit autoritär-katholische Regimes unterstützt, wie z. B. jenes von Franco in Spanien (1939–1975), Tiso in der Slowakei (1938–1945), Salazar in Portugal (1932–1968), den „Christlichen Ständestaat“ in Österreich (1934–1938) und Horty in Ungarn (1920–1944). Dieses Muster der Vergangenheit taucht gegenwärtig erneut auf. Außerdem haben die Kirchen in Mittel-Ost-Europa das Trauma der Verfol- gung während des Kommunismus noch nicht ganz verarbeitet, die heftige und mit Emotionen beladene antikommunistische Attitüde kommt auch daher. Die ausgeprägte antiliberale Einstellung dieser Kirchen ist einer- seits ein Teil des Kampfes gegen die Moderne, andererseits ist sie durch rechtspopulistische Propaganda zurzeit intensiviert. So wurden Begriffe wie Toleranz, Gender (und damit die Gleichwertigkeit der Geschlechter), Liberalismus oder Menschenrechte in den letzten Jahren zu dämonisierten Schimpfwörtern. Aus diesem Blickwinkel gesehen ist es kein Zufall, dass die Mehrheit der katholischen kirchlichen Führungspersonen die illibera- le Demokratie von Orbán nicht nur naiv und kritiklos, oder nur aus Angst – wobei beängstigende Taktiken der Regierung nicht zu vergessen sind –, sondern strategisch unterstützt. Bei dieser Kollaboration mit der autoritären Regierung in Ungarn ist auch die ambivalente Beziehung zum Zweiten Vatikanischen Konzil und zu sei- nen Ergebnissen von Bedeutung. Dieses stellte eine radikale Abkehr von der lange gepflegten Modernefeindlichkeit und somit eine tiefe anti-fun- damentalistische Zäsur dar. Die Ideale und Errungenschaften der Franzö- sischen Revolution wie etwa die Religionsfreiheit und andere Menschen- rechte sowie die Demokratie selbst wurden endlich akzeptiert und positiv bewertet. Daraus entstand das Bekenntnis zur Religions- und Gewissen- freiheit, die Betonung der Notwendigkeit eines ökumenischen Dialogs etc. Die christlichen Kirchen und Theologien westlich des Eisernen Vorhangs konnten mithilfe aufklärerischer Religionskritik in einem Prozess nach- holender Modernisierung die positive Bedeutung der Menschenrechte so- wie von Demokratie und Pluralismus entdecken. Genau diese Bewegung Warum unterstützt die ungarische katholische Kirche die illiberale Demokratie von Viktor Orbán?
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
2:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
194
Categories
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