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rita Perintfalvi | Widerstand gegen rechtspopulismus im namen der Zivilisation der liebe
z. B. mit antieuropäischen, antiliberalen, antikommunistischen und ho-
mophoben Einstellungen verbunden sind.
Es ist kein Zufall, dass auch bestimmte Teile der Kirchen, kirchliche Grup-
pierungen und Theologien diese Anti-Gender-Bewegung unterstĂĽtzen.
Leicht entstehen Allianzen zwischen Rechtspopulismus und Teilen der
Kirche. Beiderseits geht es um eine Abwehr von nicht traditionellen Be-
ziehungs- und Familienmodellen, um das Verbot einer Sexualerziehung,
die andere als heterosexuelle Lebensformen thematisiert, um Widerstand
gegen Geschlechtermodelle, die eine normative Zweigeschlechtlichkeit in-
fragestellen.
Ultrakonservative kirchliche Kreise wollen genau wie die Neuen Rechten
ein durch die Modernisierungsprozesse ĂĽberholtes Gesellschaftsbild kon-
servieren. Der gemeinsame Zug von Populismus und Fundamentalismus
ist, dass beide ihrem Wesen nach rückwärtsgewandt sind. Sie träumen von
dem verlorenen Goldenen Zeitalter. Beide empfinden alle Veränderungen
als Bedrohung: Gewandelte Rollenbilder bedrohen die Männlichkeit, Gen-
der-Diskurse die Geschlechterverhältnisse etc.
Ein sehr trauriger Meilenstein dieser Anti-Gender-Attacke war in Ungarn
die Auflösung des Studienfachs Gender Studies. Anfang August 2018 wur-
de die Leitung der Universität ELTE (Eötvös Loránd Tudományegyetem),
der größten staatlichen Universität in Budapest, ganz unerwartet darüber
informiert, dass das EMMI (Ministerium fĂĽr gesellschaftliche Ressourcen)
den Studiengang Gender Studies durch eine Anordnungsänderung (Dekret
42294/2018) ohne Begründung ab sofort auflöst und die Einführung eines
solchen Studienganges an keiner staatlichen ungarischen Universität in
Zukunft zulassen wird.
AuĂźer an der ELTE gibt es das Studienfach Geschlechterforschung nur an
der renommierten privaten Zentraleuropäischen Universität CEU (Central
European University). Diese Lehranstalt steht aber in den letzten Jahren
unter starkem Beschuss der Regierung. Den Grund fĂĽr die heftige Attacke
gegen die CEU liefern die Grundsatzbestimmungen der Universität, die sich
fĂĽr Demokratie, MenschenwĂĽrde, Gleichberechtigung und fĂĽr eine offene
Gesellschaft aussprechen. An der CEU wird jedoch nur Englisch unterrich-
tet, weswegen die meisten Studierenden aus dem Ausland kommen.
Populismus und Fundamentalismus träumen
von einem verlorenen Goldenen Zeitalter.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 2:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 194
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven