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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
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23 | www.limina-graz.eu Richard Sturn | Generationengerechtigkeit, Generationenvertrag und Entsolidarisierung mapolitik lässt sich unter den skizzierten individualistischen Prämissen, die mehr für „lokale“, partialanalytisch abgrenzbare Bewertungsprobleme gut geeignet sind, nicht robust rechtfertigen. Erweitert man indes den Bewertungshorizont für klimapolitische Maßnah- men, etwa durch utilitaristische oder suffizienztheoretische Kriterien (ge- rade Letztere werden aus guten Gründen in philosophischen Diskussionen zur Klimagerechtigkeit viel verwendet; vgl. Kyllönen/Basso 2017), dann wird unmittelbar klar, dass dies auch Implikationen für Verteilungsproble- me innerhalb der heute lebenden Generationen hat. Daher ist es aber auch folgerichtig, dass diejenigen, welche die Anwendbarkeit aller Kriterien der Verteilungsgerechtigkeit (ob utilitarisch, egalitaristisch oder suffizienz- theoretisch)4 für große Gesellschaften bestreiten,5 konsistenterweise auch dazu tendieren werden, staatliche Klimapolitik abzulehnen. Denn nen- nenswert kostspielige Klimapolitik lässt sich auf der Basis der fraglichen individualistischen Prämissen eben tatsächlich nicht robust rechtfertigen. Hält man hingegen nennenswert kostspielige Klimapolitik für gerechtfer- tigt, unterstellt man implizit oder explizit Gerechtigkeitskriterien, welche in einer Welt mit sehr ungleich verteiltem Reichtum effektive Verteilungs- politik innerhalb der einzelnen aktuell lebenden Generationen gebieten würden. Anders formuliert: Ein Utilitarist, ein Suffizienztheoretiker oder ein Ver- treter egalitaristischer Prinzipien, der auf Basis des von ihm vertretenen Prinzips intergenerativ wirkende Klimapolitik begründet, kann Vertei- lungspolitik innerhalb der derzeit lebenden Generation nicht kategorisch ablehnen, ohne inkonsistent zu werden. Diesem Umstand wird übrigens auch in der Vorgangsweise umsichtiger KlimaökonomInnen indirekt Rechnung getragen. Dies ist bei Sterns An- passung des Instrumentariums der Kosten-Nutzen-Analyse der Fall. Auch Heal und Schlenker (2019) gehen in ihren Berechnungen von CO2-Preisen nicht mehr primär von der Frage aus: „Welcher CO2-Preis wäre heute unter Annahme eines bestimmten Diskontfaktors gerechtfertigt?“, sondern von der pragmatischen Frage, „Wie hoch wird/muss ein CO2-Preis sein, der zu einer CO2-Emissionsreduktion um einen bestimmten Prozentsatz führt – bzw. der den Temperaturanstieg auf X Grad Celsius begrenzt?“ 4 Es sei hier nur am Rande ange- merkt, dass suffizienztheoretische Positionen unter diesen drei nor- mativen Ansätzen wohl am meisten auf Vorstellungen über das soziale Leben in menschlichen Gemein- schaften angewiesen sind, da sie im Unterschied zu egalitaristischen und utilitaristischen Ansätzen in Kombi- nation mit ganz abstrakten Metriken (Geld, Nutzen) kaum Sinn machen, sondern so etwas wie Grundgüter, Functionings oder dergleichen als Bezugspunkte dafür benötigen, was zum (guten) Leben genügt. 5 Hayeks Argumentation zum Trugbild sozialer Gerechtigkeit ist nur ein Beispiel in einem vielfältigen Strang individualistischer Positio- nen; vgl. Hayek 1976. Klimapolitik und Verteilungspolitik lassen sich nicht voneinander trennen.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
222
Categories
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