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Richard Sturn | Generationengerechtigkeit, Generationenvertrag und Entsolidarisierung
Dieses strategische Muster könnte Gruppen auseinanderreißen, die zuvor
in ihrer Unterstützung für die Sozialversicherung vereint waren.
Das Grundkonzept eines Plans zur Umsetzung der Pensionsprivatisierung
in die Praxis sieht wie folgt:
̟ Der erste Teil des Plans ist, den derzeitigen Sozialversicherungs-
empfängerInnen zu versichern, dass sie nichts verlieren würden.
̟ Der zweite Teil besteht darin, die Koalition, die die Sozialversi-
cherung unterstützte, zu zerstören, indem sie ihre verschiedenen
Teilgruppen mit unterschiedlichen Argumenten herauslöst.
̟ Der dritte Teil ist, die Menschen über die zugrundeliegenden Pro-
bleme der sozialen Sicherheit „aufzuklären“ und ihnen gleichzei-
tig praktikable Alternativen (auch steuerlich) schmackhaft zu ma-
chen: individuelle Alterskonten auf Basis des Kapitaldeckungsver-
fahrens.
̟ Der vierte Teil wäre die Bildung von Koalitionen, die von dem Wan-
del profitieren werden. Der Finanzsektor und andere Unterneh-
mensgruppen müssen ermutigt werden, eine zentrale Rolle bei der
Aufklärung der Öffentlichkeit über die Vorteile der Privatisierung zu
spielen, was sowohl durch kommerzielle Werbung als auch durch
ExpertInnen-gestützte Öffentlichkeitsarbeit geschehen könnte.6
Aus einer pointiert wirtschaftsliberalen Sicht, die den Staat nur als zur Si-
cherung privater Eigentumsrechte und privatrechtlicher Verträge notwen-
diges Übel betrachtet, brächte ein solcher Prozess mehrere Vorteile.
̟ Erstens würde die gelebte Verbindung der BürgerInnen zum öf-
fentlichen Sektor abgeschwächt. Ihre Wertschätzung für den öf-
fentlichen Sektor als für ihr persönliches Leben relevanter Leis-
tungsträger würde abnehmen.
̟ Zweitens würde die Attraktivität der kollektiven Organisationsfor-
men geschwächt, indem es zu Brüchen zwischen Gruppen käme,
die nach öffentlichen Lösungen für ihre gemeinsamen Probleme
gesucht hatten.
Das Grundkonzept eines Plans zur Umsetzung
der Pensionsprivatisierung in die Praxis
6 Zu den polit-ökonomischen
Hintergründen von Pensionsrefor-
men vgl. allgemein Orenstein 2008
und auf Deutschland bezogen die
Fallstudie von Mellacher 2019.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 222
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven