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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
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49 | www.limina-graz.eu Jochen Ostheimer | Den eigenen Untergang erzählen, um ihn zu verhindern einer zukünftigen Entwicklung unternommen als vielmehr versucht, die Theorie der anthropogenen Erderwärmung zu widerlegen oder eher noch ins Unglaubwürdige oder Lächerliche zu ziehen, um so die bestehende energieintensive Industrie und Landwirtschaft zu stützen. Damit verändert sich auch das Thema dieses Diskurses. Es geht nur vordergründig um den Klimawandel und seine Folgen. Der eigentliche Sinn solcher kommunika- tiver Anstrengungen besteht darin, dass „andere Nicht-Tatsachen […] zu einer anderen Nicht-Politik führen“ (Latour 2017, 53). Die Vertreterinnen und Vertreter dieser Diskurskoalition5 verstehen und inszenieren sich analog zu den Klimaforschern im erstgenannten Modell als „Aufklärer“, die die Öffentlichkeit über ihre tatsächlichen Interessen und die eigentlichen Gefahren, nämlich eine wirtschaftliche Rezension, belehren. Die möglichen Wohlfahrtsverluste, die in der Zukunft drohen, werden dabei kausal nicht der Umweltveränderung, sondern dem Klima- schutz zugeschrieben. Die Erzählung des Klimawandels als Form der gesellschaftlichen Selbstthematisierung Bei diesen knapp skizzierten fünf Varianten einer zukünftigen Entwicklung von Natur und Gesellschaft angesichts eines Klimawandels lassen sich her- meneutisch vier zentrale Parameter herausarbeiten, die die Gemeinsam- keiten bzw. Unterschiede bedingen. ̟ Ein erstes wichtiges Merkmal betrifft den Aspekt der Kausalität. Sofern nicht der Klimawandel als bloße Erfindung und Meinungs- mache abgetan wird, werden verschiedene natürliche Stoffe und Vorgänge als Erklärungsmodell angeboten, deren Status allerdings verschieden ist. Sonnenfleckenzyklus und Wasserdampf sind Wirk- ursachen im strikten naturwissenschaftlichen Sinn, Treibhausgase und Aerosole hingegen sind Mittler in einer Ursache-Wirkungs- Kette, an deren Beginn menschliche Handlungen stehen, weshalb die Klimaveränderung in diesem Fall als menschengemacht gelten kann.6 Sie ist eine nicht beabsichtigte Nebenfolge einer nicht beab- sichtigten Nebenfolge – eine Struktur, die den aktuellen Zustand kennzeichnet, den man Risikogesellschaft oder Anthropozän nen- 5 Das vom Politikwissenschaftler Hajer (1995, 2008) eingeführte Konzept der Diskurskoalition ver- bindet drei Analysedimensionen: gesellschaftliche Akteure, die eine bestimmte Deutung eines Themas vertreten und dabei eine spezifische Bewertung vornehmen, sich also in gesellschaftlichen Auseinanderset- zungen positionieren und dement- sprechend handeln. 6 Zur Unterscheidung von Zwi- schengliedern, die Wirkungen passiv weiterleiten, und Mittlern, die eben- falls in einer Kausalkette stehen, darin aber eine eigene Wirkungs- macht entfalten, vgl. Latour 2007, bes. 66–75; ders. 2017, 126 Fn. 67, 164. Genau betrachtet zeigen sich auch bei der Menge und der Vertei- lung von Wasserdampf anthropo- gene Veränderungen; sie sind aber bei weitem nicht so relevant wie die Veränderung des Kohlenstoffgehalts der Atmosphäre. Klimaerzählung 5: Klimawandel als „Nicht-Tatsache“
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
222
Categories
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